Buchrezension – Shogun – Nikolai Pahmeyer

Ti51a0jeqEqAL._AC_UL320_SR194,320_tel:             Shogun – A novel of medieval Japan
Autor:           James Clavell
Verlag:         Bantam Dell (4. Auflage 2009)
Erscheinungsjahr:     1975
Umfang:         1152 Seiten
ISBN:             978 – 0 – 440 – 17800 – 2

Motivation:
Da ich ein sehr geschichtsinteressierter Mensch bin, habe ich mich bei meiner Recherche nach einem geeigneten Buch hauptsächlich auf historische Romane konzentriert und bin sehr schnell auf James Clavell und seine berühmte Asien Saga gestoßen. Besagte Saga umfasst insgesamt 6 Bücher, die alle im asiatischen Großraum spielen und größtenteils auf realen Ereignissen fundieren. Ich halte es für sehr wichtig sich mit der Geschichte eines Landes auseinanderzusetzen in dem man eine längere Zeit verbringt, da viele Gebräuche und Angewohnheiten ihren Ursprung in verschiedenen historischen Gegebenheiten haben. Aufgrund meiner bis dato lückenhaften Kenntnis der japanischen Geschichte entschied ich mich für Shogun, welches den ersten Teil der Saga darstellt und dessen Handlung im mittelalterlichen Japan stattfindet, kurz vor der Etablierung des Tokugawa Shogunats, welches das längste der japanischen Geschichte darstellt.

Autor:
James Clavell, bzw. Charles Edmund DuMaresq de Clavelle, wurde am 10. Oktober 1924 in Sydney geboren und starb am 6. September 1994 in Vervey, Schweiz. Er war ein britisch-amerikanischer Romanautor, Drehbuchautor und Regisseur. In Deutschland ist er speziell durch den Roman Shogun bekannt. Da sein Vater britischer Offizier war, wuchs er in verschiedenen Ländern des britischen Commonwealth auf, besaß jedoch die amerikanische Staatsbürgerschaft. Mit 16 Jahren trat Clavell in die Royal Army ein und wurde 1940 im zweiten Weltkrieg gegen die japanische Armee in Malaysia stationiert. Nachdem er verwundet wurde, kam er in japanische Kriegsgefangenschaft und wurde in ein Gefangenenlager nach Singapur verlegt. Diese Erlebnisse thematisierte er in seinem Roman „King Rat“ oder auf Deutsch „Rattenkönig“, der 1962 erschien. Nachdem er 1946 die Armee verlassen hatte, begann er an der Universität von Birmingham zu studieren und wanderte im Anschluss daran in die USA aus, wo er 1954 anfing Drehbücher zu schreiben. In der Folgezeit feierte er größere Erfolge mit seinen Drehbüchern, konzentrierte sich aber nach seinem oben genannten Roman „Rattenkönig“ verstärkt auf das Schreiben von epischen Romanen. Bis 1986 erschienen mit „Tai-Pan“, „Gaijin“, „Shogun“, „Noble House“ und „Whirlwind“ weitere Teile der Asien-Saga, die weltweit großen Anklang bei Kritikern und dem breiten Publikum hatten und allesamt zu Bestsellern wurden.
Seine Romane beinhalten besonders realitätsnahe, farbenfrohe und fantasievolle Erzählungen, die den Leser in die Vergangenheit eintauchen lassen und die Figuren zum Leben erwecken. Damit ist Clavell der erste westliche Autor, der die asiatische Kultur so darstellt, wie sie von den Asiaten selbst gesehen wird und nicht aus westlicher Sicht beschreibt.
1994 starb James Clavell im Alter von 72 in der Schweiz an Krebs.

Inhalt:
Der Roman erzählt die Geschichte des englischen Seefahrers John Blackthorne, der 1600 mit dem, nach Durchquerung der Magellanstraße, Stürmen und anderen Widrigkeiten, verbliebenen Rest seiner Mannschaft im mittelalterlichen Japan strandet. Zu dieser Zeit wird Japan von den katholisch geprägten Portugiesen kontrolliert, welche 50 Jahre zuvor als erste Europäer dorthin kamen. Die Seemänner, allen voran Blackthorne, müssen sich in einer ihnen völlig fremden Welt zurechtfinden und kommen zwischen die Fronten eines Machtkampfes der beiden größten Fürsten (Daimyo) des Landes, Toranaga und Ishido, die sich nach dem Tod des Herrschers (Taiko) um die Vormachtstellung im Land streiten. Schnell wird Blackthorne trotz der großen Sprachbarriere zum Schützling von Toranaga, der in dem Engländer ein Werkzeug zur Erlangung der Macht bzw. des Shogunats sieht und sich die Kenntnisse Blackthornes zu Nutze machen will. Als Übersetzerin fungiert die Aristokratin Mariko, die von den portugiesischen Jesuitenpriestern zum Christentum konvertiert wurde und darüber hinaus auch die portugiesische und lateinische Sprache beherrscht. Mariko wird von Toranaga damit beauftragt dem Engländer die Kultur, Verhaltensweisen und Sprache des Landes beizubringen, was sich als extrem schwierig darstellt, da die damaligen Gebräuche und Lebensweisen sich absolut gegensätzlich gegenüberstehen. Hinzu kommen die Spannungen zwischen den katholischen Jesuiten und den protestantischen Seefahrern, die immer wieder in offenen Konflikten und einem Attentat auf Blackthorne gipfeln. Obwohl sich Mariko und Blackthorne anfänglich sehr distanziert und sogar ablehnend gegenüberstehen, entwickelt sich zwischen beiden im Laufe des Romans eine romantische Liebesbeziehung. Diese ist allerdings verboten, da Mariko mit einem Berater von Toranaga verheiratet ist, weshalb beide die Beziehung stets unter strengster Geheimhaltung führen müssen.
Die militärische Situation des Fürsten Toranaga, der der Herr der Kwanto-Ebene mit dem heutigen Tokyo und damaligen Yedo ist, erscheint zunächst aussichtslos, da alle einflussreichen Fürsten mit seinem Konkurrenten Ishido kollaborieren und er sich einer dreifachen Übermacht gegenüber sieht. Auch ein Überraschungsangriff ist unmöglich, da Toranagas Halbbruder Zataki, der Daimyo zwischen Yedo und Ishidos Provinz Osaka ist, sich gegen Toranaga gewandt hat und somit den einzig möglichen Weg zum Feind blockiert. Darüber hinaus wird Toranaga durch einen kaiserlichen Erlass gezwungen sich nach Osaka zu begeben, was seine Niederlage bzw. seinen Seppuku, also rituellen Selbstmord bedeutet hätte. Allerdings ist er ein geschickter Stratege und kann dies im letzten Moment abwenden. Mit der Hilfe von Blackthorne, dessen Wissen als Druckmittel gegen die einflussreichen Jesuiten verwendet werden kann, verschafft sich der Fürst genug Zeit um seinen Halbbruder wieder auf seine Seite zu ziehen. Blackthornes Geliebter Mariko gelingt es durch ihren Tod den Kreis der Verbündeten Ishidos zu verringern und verhilft Toranaga so zu einer guten Ausgangsposition, die dieser nutzt um Ishido in der Schlacht von Sekigahara vernichtend zu schlagen. Nachdem er seinen Konkurrenten aus dem Weg geschafft hat wird Toranaga Shogun und ist somit Herrscher über ganz Japan. Blackthorne wird zu einem seiner höchsten Berater und lebt den Rest seines Lebens als hochrangiger Samurai am Hof des Shoguns.
Historisches Vorbild des Romans waren die Erlebnisse des englischen Navigators William Adams, der 1600 in den Diensten einer holländischen Handelsexpedition die Küste Japans erreichte und 1620 als wahrscheinlich erster europäischer Samurai starb. Auch die vorkommenden Fürsten Toranaga und Ishido hatten historische Vorbilder: Tokugawa Ieyasu und Ishida Mitsunari.

Fazit:
Shogun ist ein, trotz seiner Länge, sehr spannender Roman, der einen ziemlich detailgetreuen Einblick in das damalige Japan gibt. Die Kontraste zwischen der Grausamkeit der japanischen Feudalgesellschaft und der Liebesgeschichte zwischen Mariko und Blackthorne machen dieses Buch sehr vielseitig. Darüber hinaus wird die Gegensätzlichkeit der westlichen und fernöstlichen Kultur absolut realitätsnah und anschaulich dargestellt, sodass man das Gefühl hat selbst in diese Zeit einzutauchen.
Auch die, auf den ersten Blick komplizierten, Handlungsstränge werden zu einem großen Ganzen verwoben und machen den Roman zu einem sehr komplexen Gebilde. Trotz seiner fast 1200 Seiten hatte ich nie das Gefühl der Langeweile und kann jedem nur wärmstens empfehlen dieses Buch zu lesen, wenn er nach Japan geht oder sich für Japan interessiert.
Clavell versteht es, die Menschen, das Land und die Zeit vor den Augen des Lesers lebendig werden zu lassen und außerdem Verständnis zu wecken für das Fremdartige, das Abgründige, das Wilde und Schöne, das er in der Welt der Samurai entdeckt, die faszinierende Parallelen zu unserer Zeit aufweist.

This entry was posted in Generals. Bookmark the permalink.