Buchrezension: Feder im Sturm: Meine Kindheit in China von Emily Wu

Feder im Sturm: Meine Kindheit in China

Buchdaten:
Titel:                              Feder im Sturm: Meine Kindheit in China
Autor:                           Emily Wu mit Larry Engelmann
Verlag:                          Knaur Verlag
Erscheinungsjahr:  2006 (USA), 2007 (Deutschland)
Umfang:                       399 Seiten
ISBN:                             978-3-426-78179-1
Preis:                             8,95 €

Motivation:
Bei der Suche nacheiner geeigneten Literatur habe mich für das Buch von Emily Wu entschieden, weil ich mich für historische Romane und änhliche Genres interessiere. Wenn man von der Kulturrevolution hört, liest man oft Bücher oder Artikel, die die Politik zu dieser Zeit von außen beschreiben. Emily Wu hat die Kulturrevolution jedoch eigens miterlebt und erzählt aus persönlicher Perspektive ihre Kindheit in China. Ein weiterer Grund, warum ich mich für dieses Buch entschieden habe, ist die Tatsache, dass Emily Wu für dieses Buch zu Recherchezwecken an alle Orte gereist ist und mit den Menschen, die noch lebten, Kontakt aufgenommen hat. So hat sie ihrem Buch nicht nur eine persönliche Note, sondern auch einen geschichtlichen Aspekt, der auf wahren Tatsachen beruht, verliehen.

Autor:
Emily Wu ist am 3. Juni 1958 in Peking geboren. Zunächst wuchs sie in Hefei auf, wurde dann mit ihrer Familie in ein Dorf in der Provinz verbannt, wo sie sich der „Umerziehung der Bauern“ unterziehen mussten. 1981 wanderte sie nach Amerika, Kalifornien aus, wo sie den Bachelor in Anglizistik an der Notre Dame de Namur University in Belmont absolvierte. An der Golden State University in San Francisco machte sie dann ihr MBA. Zu dieser Zeit publizierte sie mehrere Erzählungen. 2006 veröffentlichte sie die Biografie „Feder im Sturm: Meine Kindheit in China“, worin sie ihr Leben in China während der Kulturrevolution erzählt. Dieses Buch ist ein Gegenstück zu der Biografie, welches ihr Vater Wu Ningkun, ein bekannter Übersetzer und Schriftsteller, geschrieben hat. Darüber hinaus entstand 2005 die Dokumentation „Up to the mountains, down to the village“ von Chris Billing, die über ihre Zeit in den Bergen, wohin sie während der Kulturrevolution geschickt wurde, erzählt wird. Heute arbeitet sie als freie Schriftstellerin in Cupertino, Kalifornien, wo sie mit ihren zwei Kindern lebt.
Der Koautor Larry Engelmann ist am 21. April 1941 in Austin Minnetsota geboren. Er absolvierte seinen BA und MA in American History and Economics an der University of Minnesota. 1971 erhielt der den Doctor of Philosophy in Geschichte und amerikanischer Literatur an der University Of Michigan Ann Arbor. 40 Jahre lang hat er an der San Jose State University in Kalifornien als Professor gearbeitet. Larry Engelmann veröffentlichte hunderte Artikel, Journals und 5 historische Bücher. Zudem erhielt er den National Endowment for the Humanities Young Humanist Award. Er dozierte unter anderem auch an der Hong Kong Universität und Nanjjing Universität. Am 1. April 2015 ist er im Alter von 73 Jahren gestorben.

Inhalt:
Das Buch „Feder im Sturm: Meine Kindheit in China“ erzählt Wu Yimaos Kindheit zur Zeit Mao Zedongs, der im Oktober 1949 die Volkssrepublik China ausgerufen und einen kommunistischen Staat errichtet hat. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Gesellschaft und der Staat mehrere Male umgestaltet. 1966, als Wu Yimao acht Jahre alt war, inszenierte Mao die Kulturrevolution, in der mithilfe seiner Roten Garden eine landesweite Terror- und Säuberungskampagne durchgeführt wurde.

Aufgrund einer großen Hungersnot war es der Familie Wu nicht möglich ihre Tochter Yimao und ihren älteren Bruder Yiding gleichzeitig zu ernähren, sodass sie ihre ersten Lebensjahre bei ihren Verwandten in Tianjin verbringt. Im Alter von drei Jahren kehrt sie zu ihrer Familie zurück. Schon als kleines Kind muss Yimao miterleben, dass sie als Tochter einer „schwarzen Familie“ weniger wert ist. Sie und ihre Familie müssen daher Demütigungen, Schikanen und Folter über sich ergehen lassen. Besonders ihr Vater Wu Ningkun, der in den USA studierte und als Professor an der Universität arbeitete, musste sich diese Repressionen dulden, da er als Antirevolutionär und Spion abgestempelt wurde.

1962 darf Yimaos Vater wieder als Professor an der Anhui-Universität unterrichten, nachdem er in einem Straflager arbeiten musste und ihm nach der Rückkehr eine Arbeit verweht wurde. Er wurde schnell zu einem beliebten Professor bei den Studenten. Doch als kurze Zeit später die Kulturrevolution ausgerufen wurde und Staatsfeinde samt ihrem Gedankengut eliminiert werden sollten, musste die Familie miterleben, wie die Studenten zu einem Mob entwickeln und ihren eigenen Professor verprügeln und in der Öffentlichkeit anprangern. Auch Yimao und ihre Freundin Xiaolan, die ebenfalls aus einer schwarzen Familie stammt, erleben fast tagtäglich körperliche Gewalt und Misshandlungen an ihrem eigenen Leib.

Während Yimaos Eltern in ein Dorf aufs Land geschickt werden, müssen sie ihre drei Kindern in Hefei in einem Kinderbetreuungszentrum zurücklassen. Einige Zeit später gelingt es der Mutter einen Platz in einem anderen Dorf zu bekommen, wohin sie ihre Kinder nach und nach zu sich holen kann. Auf dem Land muss sich die Familie mit den Launen eines niederen Parteimitglieds abfinden. Zu der Zeit erlebt Yimao wie Frauen in der Gesellschaft eine niedere Stellung haben und muss beispielsweise mit ansehen wie ihre Freundin gegen ihren Willen verheiratet wird und ihre neugeborenen Mädchen umgebracht werden. Eine andere Freundin wird von Männern misshandelt.

Ein weiterer Lebensabschnitt von Yimao spielt sich in der Stadt Wuhu ab, wo ihr Vater wieder als Professor arbeiten darf und sie ihren Schulabschluss macht. Da aber jeder nach Abschluss der Oberschule als „gebildeter Jugendliche“ aufs Land geschickt wird, spielt sich der letzte Aufenthalt im Buch in einem Dorf in den Bergen statt, bevor sie nach dem Tod Maos zum Studium nach Hause zurückkehren darf.

Fazit:
Das Buch „Feder im Sturm: Meine Kindheit in China“ zeigt auf der einen Seite schockierende Einblicke des kommunistischen Staates während der Zeit von Mao Zedong und auf der anderen Seite faszinierende Einblicke im Bezug auf die Willensstärke, die Kraft und den Mut, die Wu Yimao in dieser Zeit schrecklichen Zeit zeigt. Es werden historische Fakten in Kombination mit einer persönlichen Geschichte aufgezeigt, die auf wahren Tatsachen beruhen erzählt, die diese Geschichte lebendig machen. Auch wenn wir sehr gut mit der deutschen Historie während des Nationalsozialismus vertraut sind, haben mich die Erzählungen dennoch gepackt und schockiert. Man ist als Leser in Yimaos Leben eingetaucht und konnte sich auch aufgrund der interessanten und packenden Schreibweise nicht mehr davon losreißen. Ein weiterer positiver Nebeneffekt ist, dass die Hintergründe der politischen Geschehenisse auf diese Weise einfach nahe gebracht werden und das nicht aus Sicht eines außenstehenden Historikers, sondern eines Kindes, das die Zeit mit eigenen Augen miterlebt hat. Auch Personen, die sich nicht für geschichtliche Bücher interessieren, kommen voll auf ihre Kosten. Obwohl Emily Wu durch diese Geschehenisse sehr geprägt wurde und ihre negativen Erlebnisse wohlmöglich überwiegen mögen, schreibt sie dieses Buch eher zurückhaltend und ohne Bewertung, sodass sich der Leser seine eigenen Meinung bilden kann.
Für mich selbst war es ein Erlebnis dieses spannende und teils schockierende Buch zu lesen. Ich hatte Schwierigkeiten mich nach den Kapiteln loszureißen und auch wenn ich am nächsten Tag wieder mit dem Lesen angesetzt habe, war ich wieder sofort in den Geschehenissen des Buches eingetaucht. Besonders die spannende Erzählung wie Emily Wu ihre Kindheit erlebt hat und Offenlegung der Situation in China zur Zeit der Kulturrevolution machen das Buch sehr empfehlenswert.

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