Buchrezension: Wird China das 21. Jahrhundert beherrschen? Eine Debatte

Produktdetails:Wird China das 21. Jahrhundert beherrschen?

  • Verlag: Pantheon
  • Seitenzahl: 107
  • Preis: 9.99 €
  • Erscheinungsjahr: 2012
  • Sprache: Deutsch
  • Abmessung: 201mm x 126mm x 13mm
  • Gewicht: 158g
  • ISBN-13: 9783570551882
  • Best.Nr.: 34509764

 

Wird China das 21. Jahrhundert beherrschen?

Eine Debatte zwischen Henry Kissinger, Fareed Zakaria, Niall Ferguson und David Daokui Li

Einordnung:

Zweimal pro Jahr werden die sogenannten Munk Debates ausgetragen. Hier diskutieren Experten aus jeweiligen Fachbereichen in öffentlich gehaltenen Diskussionsrunden aktuelle Themen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Die vorzustellende Debatte fand am 17. Juni 2011 vor 2700 Zuhörern in Toronto statt und hatte zudem die Aufmerksamkeit vieler Zuschauer aus dem Internet auf sich gezogen. Beteiligt an der Diskussion waren Henry Kissinger, Friedensnobelpreisträger und ehemaliger amerikanischer Außenminister zur Zeit der ersten Wirtschaftsreformen Chinas, der promovierte Volkswirt und Berater der chinesischen Zentralbank David Daokui Li, der Publizist und Historiker Niall Ferguson und Fareed Zakaria, welcher als Politologe und Journalist tätig ist. Die Debatte wurde vom Moderator Rudyard Griffith geleitet und gab neben den Standpunkten der Opponenten auch einiges an Hintergrundwissen wieder.

Motivation:

Bei meinen Recherchen bin ich auf dieses Buch gestoßen und war aufgrund des Titels direkt interessiert, da ich mich sehr für wirtschaftliche und politische Themen interessiere. Die Volksrepublik China zeichnet sich durch eine immense Wirtschaftsdynamik aus und befindet sich derzeit in einer spannenden Phase, denn das bisherige Entwicklungsmodell hat sich als nicht nachhaltig herausgestellt. Das Wirtschaftswachstum ist zwar trotz des Einbruchs immer noch außergewöhnlich hoch, doch gibt es auch auf internationaler Ebene momentan Sorge um die Auswirkungen auf die globalen Märkte. Auch auf innenpolitischer Ebene muss sich China einigen Herausforderungen stellen. Gleichzeitig birgt das Reich der Mitte aber auch viele Chancen und hat seine Wachstumsdynamik bereits unter Beweis gestellt. Bei der Auswahl dieses Buches erhoffte ich mir durch die in der Diskussion beteiligten Experten, detailliertes Wissen über Chinas Chancen und die ihr gegenüberstehenden Herausforderungen zu erfahren, um mir dann meine eigene Meinung über diese spannende Frage bilden zu können.

 

Inhalt:

In der Diskussion geht es um die Frage, ob und in wie weit China dieses Jahrhundert beherrschen wird. Hierzu sitzen sich die Befürworter der These, David Daokui und Niall Ferguson, und die eher skeptischen Opponenten Henry Kissinger und Fareed Zakaria gegenüber.

Seit Beginn der wirtschaftlichen Reformen und der Öffnung Chinas nach Amtsantritt von Deng Xiaoping vor drei Jahrzehnten, hat sich das Wirtschaftswachstum Chinas mehr als verzehnfacht. Alle vier Gesprächspartner waren sich in Ihrer Debatte einig, dass der Fortgang des chinesischen Wirtschaftswachstums auch eine maßgebende Rolle für ausländische Partner spielt. Damit einhergehend sind nämlich auch die Entwicklung des chinesischen Binnenmarktes und der Einfluss auf die globalen Märkte. Um politischen Einfluss auf globaler Ebene ausüben zu können, reicht Wachstum alleine jedoch nicht aus. Auch sogenannte weiche Mächte spielen eine wichtige Rolle in der globalen Einflussnahme Chinas. Die USA sind auf diesem Gebiet Vorreiter und schaffen es immer noch, ihre Werte und Kulturbräuche beispielsweise durch Filme zu verbreiten.

Den Skeptikern zufolge sah es auch bei Japan vor einiger Zeit so aus, als würden sie durch ihr rapides Wirtschaftswachstum zu einer dominierenden Weltmacht aufsteigen. Doch hält kein Wirtschaftswachstum ewig und Chinas Wachstumsentwicklung läuft nur immer noch, weil es ein vergleichbar großes Land ist, so die Skeptiker. Zudem basiert Chinas Wachstum zum größten Teil auf Investitionen, was laut Zakaria nicht nachhaltig ist. Politisch gesehen befindet sich China außerdem in einer schwierigen Situation, unteranderem weil es sich in einem Umschwung befindet und einen Weg finden muss, wie es mit der neuen Mittelschicht im Land umgehen soll. China sieht sich enormen strukturellen Herausforderungen gegenüber, denn auf der einen Seite gibt es in China Regionen und Städte in Küstennähe, die bereits mit weitentwickelten Städten und Regionen des Westens vergleichbar sind. Auf der anderen Seite befinden sich weite Teile des Landes immer noch im Status von Entwicklungs- und Agrarländern. Immer größer werdende Teile der Landbevölkerung wandern in die Städte ein und hoffen mit dem Aufschwung Chinas wirtschaftlichen Wohlstand zu erlangen. Allerdings sind in den Städten nicht für alle Zuwanderer Arbeitsplätze vorhanden. Zudem besteht aufgrund politischer Strafverfolgung und nur begrenzten Pressefreiheit ständig die Gefahr politischer Unruhen.

Während insbesondere Kissinger, aufgrund der vielen Probleme denen sich China stellen muss, das Reich der Mitte im kommenden Jahrhundert nicht als dominierend ansieht, festigt die Gegenseite ihre Meinung auf Basis der weiterhin hohen Wachstumsdynamik der Wirtschaft Chinas und der Willenskraft der Chinesischen Bevölkerung. Das Reich der Mitte verfolgt, als Gegenpart zu westlichen Politikleitbild, einen vom Staat kontrollierten Kapitalismus und ist so in der Lage, Wirtschaftsprozesse gezielt zu gestalten. Weitere Argumente der Befürworter sind der in China vorhandene technologische Fortschritt und das durch 1,3 Milliarden Menschen in hohem Maße zur Verfügung stehende Humankapital. Dabei beziehen sie sich auf Fakten, wie zum Beispiel, dass China die USA als Industrieproduzent und auf dem Automobilmarkt bereits eingeholt hat. Innovation und Bildung spielen außerdem eine weitere wichtige Rolle. Die jährlichen Patentmeldungen sind mittlerweile fast so hoch wie die in Deutschland und die Begabung der Chinesen in der Mathematik scheinen kein Gerücht zu sein, sondern sind belegt durch einen internationalen Mathematiktest der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung.

Letztlich widerspricht keiner der Vieren der Annahme, dass China in diesem Jahrhundert eine wichtige Rolle spielen wird. Welche Rolle China allerdings einnimmt, führt gleichzeitig zu der Frage, welchen Einfluss der Westen, und insbesondere die USA und Europa in Zukunft haben werden.

 

Fazit:

Die Debatte der vier Gesprächsteilnehmer stellt auf interessante Art und Weise die Entwicklung Chinas, und die daraus resultierenden Chancen und Risiken dar. Wer sich inhaltlich mit diesem Thema auseinandersetzen, und gleichzeitig unterhalten werden möchte, dem empfehle ich dieses Buch, denn die Opponenten diskutieren kontrovers und präsentieren dem Leser gleichzeitig in belebender Manier die wichtigen Hauptargumente und liefern dazu einiges an Hintergrundwissen. In Anbetracht der Tatsache, dass die Diskussion 2011 stattfand ist es interessant zu erkennen, dass einige der Thesen und Argumente der Experten bereits eingetroffen sind. Als besonders interessant empfinde ich Fergusons These, dass China nicht nur durch eigene Kraft zur Dominanten Kraft im 21. Jahrhundert wird. Das Versagen des Westens wird seiner Meinung nach maßgeblich dazu beitragen. Der Westen schadet sich durch Finanzkrisen und Verschuldung, begleitet von spekulativen Geschäften, unterstützt durch staatliche Subventionen selbst, und die Idee „Europa“ funktioniert nicht wie geplant. Gerade jetzt wird deutlich, wie sehr doch die Europäische Union durch die Eurokrise und die vorherrschende Flüchtlingsdebatte zerrüttet ist. Vielleicht wird die Unfähigkeit des Westens China tatsächlich dabei unterstützen, eine Vorherrschaft im 21. Jahrhundert aufzubauen.

Doch ist letztlich zu betonen, dass sich auch die vier Experten nicht sicher sein können, welche Rolle China im 21. Jahrhundert tatsächlich spielen wird. Das lässt dem Leser Spielraum für eigene Meinungsbildung und erlaubt eigene Vermutungen und Spekulationen über Chinas Zukunft.

 

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