Buchrezension von Personalführung in China – Motivationsinstrumente und Anreize

Motivationsinstrumente und Anreize

Titel: Personalführung in China – Motivationsinstrumente und Anreize

Autorin: Xiao Juan Ma

ISBN: 9783525451564

Erstauflage: 2007

Seiten: 241

Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG

Art: Ratgeber

Motivation

Ich habe mich bei meiner Rezension für das Buch Personalführung in China – Motivationsinstrumente und Anreize entschieden, da ich anstrebe, nach meinem Masterabschluss in der Personalabteilung eines international agie-renden Unternehmens zu arbeiten und internationale Bewerber, z.B. aus China, zu betreuen. Da sich die chinesische Lebensart in vielen Bereichen von der deutschen unterscheidet, sollte man im Personalwesen kulturspezifi-schen Besonderheiten durchaus Beachtung schenken. Ich war mir also be-wusst, dass sich die Personalführung in China von der in Deutschland unter-scheiden muss. Allerdings hatte ich keinerlei Vorstellung davon, in welchen Bereichen sich signifikante Unterschiede ergeben würden. Lektüre und Re-zension des obigen Buches sollten mir für meine berufliche Zukunft als Per-sonalerin diesbezügliche Informationen und Einsichten vermitteln.

Autorin

Personalführung in China – Motivationsinstrumente und Anreize wurde von der China-Expertin Dr. Xiaojuan Ma verfasst, die aus der Provinz Sha’anxi stammt. Die Autorin hat vier Universitätsabschlüsse. 1995 beendete sie ihr erstes Studium in Rechtswissenschaften und arbeitete anschließend als Key-Account Manager for Sales für das chinesische Unternehmen Zhong Xing Telecom. In jenem Jahr wurde sie als beste Mitarbeiterin ausgezeichnet, da sie sehr erfolgreich wichtige Veranstaltungen für Großkunden organisierte und die Koordination des Vertriebes leitete.
In Oldenburg begann sie im Vordiplom BWL zu studieren und wurde mit einem Preis für besondere studentische Leistungen ausgezeichnet. Während dieses Studiums absolvierte Ma ein Auslandssemester in Amerika an der Universität Wisconsin mit dem Schwerpunkt International Management and Marketing. Im Jahre 2003 legte sie an der TU München ihren Master in Di-gital Technology and Management ab. Ihre Promotion schrieb sie im Be-reich Wirtschaftspsychologie über das Motivationsmanagement im chinesi-schen Kontext.
Seitdem verbrachte sie ein Auslandsjahr in Kasachstan für ILF Consulting Engineers als China-Beraterin und arbeitete u.a. für BMW, Daimler Chrysler und Siemens im Bereich Verbesserung der Human Resource Strategy mit Schwerpunkt China.

Inhalt

Inhaltlich ist das Buch neben einer Einleitung, einem Rückblick und Aus-blick sowie den Literaturangaben in 5 inhaltliche Kapitel gegliedert, die sich mit unterschiedlichen Personalführungsaspekten Chinas beschäftigen. Die Autorin analysiert die kulturellen Besonderheiten Chinas und erarbeitet Fra-gestellungen, die im vierten Kapitel mithilfe einer empirischen Studie be-antwortet werden und deren Ergebnisse deutsche Unternehmen bei ihrem China-Engagement unterstützen sollen. Xiaojuan Ma erörtert eingehend, in welcher Weise sich Leistung, Identifikation mit und Loyalität zum Unter-nehmen, Arbeitszufriedenheit und Fluktuationsneigung auf Anreize auswir-ken.

Zunächst wird dargestellt, wie sich Motivation in der Arbeitsleistung nieder-schlägt. Theoretische Modelle und Auswirkungen auf die Praxis werden vorgestellt. Anschließend erläutert die Verfasserin im Bereich Motivations-management, mit welchen Anreizen deutsche Firmen besonders effektiv die Leistungsbereitschaft ihrer chinesischen Mitarbeitern fördern können. Hier ist besonders das Model der Einflussfaktoren für die Gestaltung eines An-reizsystems interessant, um zu wissen, wie sich ein solches Anreizsystem zusammensetzt.

Anschließend werden unterschiedliche Anreize wie Einkommen, betriebli-che Sozialleistungen sowie Karriereentwicklung und Aufstiegschancen ein-schließlich deren Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt. Damit wird eine Ba-sis für die Entwicklung von Fragestellungen für eine empirische Studie ge-legt, deren Ergebnisse sich im weiteren Verlauf des Buches mit Empfehlun-gen zur praktischen Umsetzung in einer Liste wiederfinden.
Ein wichtiges Kapitel ist das zweite, welches sich mit der Anreizgestaltung auf inter- und intrakultureller Ebene beschäftigt. Hier untersucht Hofstede (1980) bei IBM in 11700 Fragebögen in 67 Ländern mit jeweils 60 Items die interkulturelle Managementlehre der nationalen Kulturen. Er unterscheidet dabei vier Kulturdimensionen und entwickelt später gemeinsam mit Bond (1988) eine fünfte Kulturdimension. Da diese Dimension stark von der Phi-losophie Konfuzius’ geprägt wurde, ist sie besonders für asiatische Länder wichtig.
Bei den fünf Dimensionen handelt es sich um 1. die Rolle der Machtdistanz, 2. Individualismus versus Kollektivismus und Einflüsse auf die Gestaltung von Anreizen, 3. Vermeidung von Ungewissheit und Konsequenzen für die Gestaltung der Anreize, 4. Maskulinität versus Femininität und Implikatio-nen für die Gestaltung der Anreize und 5. langfristige versus kurzfristige Orientierung und die Gestaltung von Anreizen. Auf der Basis der Resultate obig erwähnter Fragebögen ergibt sich, dass in der chinesischen Kultur ge-nerell eine hohe Machtdistanz vorherrscht. Dies bedeutet für ein Unterneh-men, dass Entscheidungen übergeordneter Ebenen nicht in Frage gestellt werden. Vorschlagswesen und Partizipation seitens der Mitarbeiter sind da-her praktisch inexistent. China zeigt sich außerdem als stark kollektivistisch. Gemeinsamkeit und Teamarbeit stehen an oberster Stelle. In chinesischen Unternehmen herrscht ein niedriger Vermeidungsindex, d.h. Mitarbeiter soll-ten über breites Wissen und Arbeitserfahrung in verschiedensten Bereichen verfügen, damit sie eine höhere Risikobereitschaft gegenüber unbekannten und unstrukturierten Situationen zeigen können. Im Bereich der Unterneh-menskultur ist China weder ein maskulines noch ein feminines Land, das einerseits durch Kompromissbereitschaft (feminin) und andererseits durch Leistungsorientierung (maskulin) geprägt ist. Langfristige Orientierungen haben in China mit Hinsicht auf Wachstum und Dauerhaftigkeit von Unter-nehmenszielen einen sehr hohen Stellenwert, wodurch der Aufbau von Gu-an-Xi-Netzwerken eine wesentliche Bedeutung erfährt. Somit wird theore-tisch und teilweise empirisch bestätigt, dass die Gestaltungmöglichkeiten für Anreize abhängig sind von der jeweiligen Kultur und die Ausgangsbasis für die Strategiebildung dieser Anreize bieten.
Danach werden verschiedene Menschentypen beschrieben, die man bei der Gestaltung von Anreizen berücksichtigen sollte: der rational-ökonomische, soziale, sich selbst verwirklichende und komplexe Mensch.
Im dritten Kapitel werden die traditionellen Werthaltungen besprochen, die nahezu die 5 Dimensionen von Hofstede beschreiben. Anschließend erläutert Ma neue Werte wie materielle Orientierung und starkes Sicherheitsbedürf-nis, die sich vor allem in den letzten 20 Jahren seit der Öffnung der Volksre-publik in China etabliert haben. Früher wurde exakt diese Orientierung ge-mäß der Lehre von Konfuzius und den Grundlagen der kommunistischen Partei mit dem Hinweis auf die Volksweisheit „Jun-Zi Yi, Xiao-Ren Li“ ab-gelehnt. Zu Deutsch: „Ein Mann von edlem Charakter beachtet die gerechte Tat, der kleine Mann beachtet den eigenen materiellen Vorteil.“ Durch diese Veränderung in den Inhalten und Strukturen des chinesischen Sozialsystems wächst die Schere zwischen Arm und Reich. Die Arbeitslosenzahlen steigen stetig an.
In engem Zusammenhang mit diesen sozialen Veränderungen steht die Leis-tungsorientierung der Chinesen. Kinder werden in der Schule in 3 unter-schiedliche Klassen eingeteilt: in hochkompetente, reguläre und weniger kompetente Schüler. Somit werden sie bereits von frühester Jugend an leis-tungs- und konkurrenzorientiert erzogen.
Im vierten Kapitel werden nun die im vorherigen Text entwickelten Frage-stellungen praxisnah angewendet. Zunächst wird der Aufbau der Studie be-schrieben und dann eine Feldstudie einschließlich individueller Interviews mit verantwortlichen Managern und einer abschließenden schriftlichen Be-fragung durchgeführt.
Im zweiten Teil des vierten Kapitels werden nun Variable wie demographi-sche Merkmale und Umwelt, Ist- und Soll-Zustand von Anreizsystemen, Ar-beitsleistung und Organizational Citizenship Behavior, Identifikation, Loya-lität, Fluktuationsneigung und Zufriedenheit als Motivations- und Anrei-zinstrumentarium operationalisiert.

Im fünften Kapitel bespricht Xiao Juan Ma die Ergebnisse der empirischen Studie und ihre Praxisanwendung. Hier nun die wichtigsten Resultate:
1. Anreizsysteme sollten sich an den chinesischen Werthaltungen orientie-ren.
2. In China besteht ein deutlicher Nachholbedarf für die Personalarbeit. An-reizsysteme sollten sich noch stärker an den Bedürfnissen der chinesischen Mitarbeiter orientieren. Dies betrifft sowohl deutsche Unternehmen, die in China aktiv sind als auch dort ansässige Unternehmen.
3. Besondere Defizite zeigen sich bei Einkommen, Karriereentwicklung und Aufstiegschancen sowie der Weiterbildungspolitik.
4. Die Klassifikation von Mitarbeitern anhand ihrer Anreizpräferenz ist sinnvoll. Dies sollte bereits bei der Personalauswahl beachtet werden. Zu-dem sollten Unternehmen ihre Anreizsysteme nach den Motivationstypen differenziert gestalten:
5. Der „egoistische Vorteilssucher“ hält das institutionelle Anerkennungs-system sowie das Unternehmen selbst für besonders relevant.
Für den „Organisationsbürger“ sind die Führung durch direkte Vorgesetzte und das Organisationsklima von essentieller Bedeutung. „Kollektivistisch- Wachstumsorientierte“ legen großen Wert auf Organisationsklima, Karriere-entwicklung und Aufstiegschancen. Beim „prestigeorientierten Typ“ korre-lieren Karriereentwicklung, Aufstiegschancen und Vorschlagswesen beson-ders hoch mit beruflichen Einstellungen.
6. Bei chinesischen Mitarbeitern unter 26 Jahren sind vor allem der „egoisti-sche Vorteilssucher“ und der „prestigeorientierte Typ“ zu finden.

Fazit

Das Buch Personalführung in China-Motivationsinstrumente und Anreize eignet sich besonders für Personalreferenten, die in einem in China tätigen deutschen Unternehmen geeignete Mitarbeiter finden und bestmöglich moti-vieren möchten.
Auf der Basis adäquater Anreizsysteme entwickelt Autorin Ma analytisch Fragen zur richtigen Evaluierung von Strategien bei der Personalauswahl.
Die erste Hälfte des zweiten Kapitels ist leider zu allgemein gehalten. Es be-schäftigt sich mit den Themen Motivation und Anreiz, geht allerdings nicht konkret genug auf die Situation in China ein. Des Weiteren fordert die Auto-rin, dass Unternehmen in China spezifische Instrumente entwickeln sollten, um die Motivationstypen zu erkennen und bei der Personalauswahl die häu-fige Einstellung von „egoistischen Vorteilssuchern“ zu reduzieren.
Allerdings hätte ich mir mehr Informationen darüber erhofft, wie diese In-strumente aussehen sollten.
Interessant fand ich die Kapitel, die sich mit den kulturellen Besonderheiten Chinas auseinandersetzten. Vor allem die für einen Deutschen teilweise recht unsensible Erziehung von Schulkindern zu Fleiß und Leistungsbereit-schaft war für mich sehr aufschlussreich, weil das Beispiel die von Europä-ern häufig als „typisch chinesisch“ wahrgenommenen Verhaltensweisen ein-drucksvoll illustriert.
Abschließend wäre noch anzumerken, dass mir beim Lesen immer wieder morphologische fehlerhafte Wortendungen auffielen, die den Lesefluss stör-ten. Ein Buch, das zum Thema Personalwesen in China einen gewissen Be-kanntheitsgrad genießt, sollte solche Ungenauigkeit unbedingt vermeiden. Alles in allem würde ich das Buch jedem empfehlen, der später ins Perso-nalwesen gehen möchte und chinesische Mitarbeiter einstellen möchte.

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