Stipendien – Nicht nur was für Überflieger!

KENNST DU DAS AUCH?

Am Ende des Monats wird das Geld immer knapp? Du würdest Dich gerne für ein Stipendium bewerben, aber Du glaubst, Du bist kein*e geeignete*r Bewerber*in? Du würdest gerne ein Netzwerk aufbauen, das Dich auf dem Weg zum Traumberuf unterstützt?

Die meisten Abiturient*innen und Studierenden denken beim Thema Studienfinanzierung zunächst an studentische Nebenjobs und das BAföG. Klar, diese Finanzierungsmöglichkeiten sind bekannt und jede*r kennt eine Person, die das ein oder andere (oder sogar beides) nutzt, um während des Studiums über die Runden zu kommen. Weitaus weniger Schüler*innen bzw. Studierende wissen von der Möglichkeit, sich durch ein Stipendium finanzielle Unterstützung fürs Studium zu ermöglichen. Dabei haben Stipendien sogar noch weitaus mehr zu bieten!

Sicherlich hast Du schon mal Sätze gehört wie:

„Ich kannte mal jemanden, der ein Mega-Abi hatte, aber trotzdem nicht genommen wurde!“

Oder:

„Die Cousine von einem Bekannten hat mal versucht eins zu bekommen, aber die Bewerbung war viel zu kompliziert.“

Leider sind das manchmal große Irrtümer, die einen davon abhalten, sich detailliert mit diesem Thema auseinanderzusetzen und sich zu bewerben. Bestimmt ist an jeder dieser Geschichten etwas Wahres dran, aber dass Stipendien nur für Hochbegabte reserviert sind, sich zu viele bewerben oder die Verfahren zu kompliziert sind oder es zu wenige Stiftungen gibt, stimmt so nicht.

DIE STIPENDIEN IN DEUTSCHLAND

Allein in Deutschland gibt es ca. 2000 verschiedene Stipendien, welche von – mal größeren, mal kleineren – Stiftungen und Stipendienwerken vergeben werden. Viele davon helfen in ganz bestimmten Situationen oder ganz bestimmten Personengruppen, wie z. B. (angehenden) Studierenden

  • eines bestimmten Fachs,
  • einer bestimmten Hochschule,
  • in ganz bestimmten individuellen Lebenslagen,
  • bei einem anstehenden Auslandsaufenthalt oder
  • wenn sie nach dem Master noch promovieren möchten

Wenn man wissen möchte, welches Stipendium in einer bestimmten Situation das richtige sein könnte, kann man z. B. den Stipendienlotsen im Internet ausprobieren. Dabei bekommt man schon ein gutes Gefühl für die verschiedenen Stiftungen und deren Stipendien. Der Stipendienlotse wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert, genauso wie die größten deutschen Begabtenförderungswerke bzw. ihre Stiftungen, auf die sich die folgenden Infos beziehen.

Diese Begabtenförderungswerke haben gemeinsam, dass sie leistungsstarke (angehende) Studierende auf ihrem Weg zu ihrem Platz in der Gesellschaft unterstützen möchten. Stiftungen möchten innerhalb ihrer Stipendiatengemeinschaft möglichst die komplette Breite der Gesellschaft abdecken, das heißt, dass die Stiftung i. d. R. gern Studierende von Unis und Fachhochschulen verschiedener Fachrichtungen sowie (angehende) Erstakademiker*innen und (angehende) Studierende mit Migrationshintergrund aufnehmen. Eine Stiftung wie das z. B. das evangelische Studierendenwerk Villigst nimmt also nicht nur Studierende der Theologie auf, sondern auch Studierende anderer Fachrichtungen – und das unabhängig von Geschlecht, Bildungsbiographie oder Herkunft. Wahrscheinlich wären die Treffen innerhalb einer Stipendiatengemeinschaft sonst auch etwas langweilig.

Nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch Workshops, Netzwerkveranstaltungen und Co..

Da die Stiftungen mehr tun, als finanziell beim Studium zu unterstützen, ist die Auswahl für ein passendes Stipendium wichtig. Stipendiatengemeinschaften helfen nämlich auch bei dem, was nach dem Studium kommen soll: Der erfolgreiche Eintritt in die Arbeitswelt. So laden Stiftungen oft zu Netzwerkveranstaltungen ein, bei denen man nicht nur seine Mitstreiter*innen, sondern auch viele potenzielle Arbeitgeber besser kennenlernen kann. Viele Stiftungen bieten zusätzlich Workshops z. B. zum Bewerbungstraining, Studientechniken oder zur Persönlichkeitsentwicklung etc. an. Sie bieten den Raum, sich in Ortsgruppen zu engagieren und selbst gemeinsame Projekte auf die Beine zu stellen. Damit man das Beste aus dieser Zeit rausholt, sollte man sich bei der Auswahl der passenden Stiftung einige Gedanken machen. Vor allem die eigenen Werte und bisherigen Hobbys und Engagements können dabei weiterhelfen. Fragen wie „Was macht mich glücklich?“ und „Was nervt mich in der Gesellschaft?“ können dabei helfen.

ENGAGEMENT ALS SCHLÜSSEL FÜR EIN STIPENDIUM?

Gute Noten bei einer Stipendienbewerbung sind zwar hilfreich, aber keineswegs der einzige Weg zum Ziel. Die Stiftungen suchen nach engagierten Studierenden mit ihrem eigenen Kopf, sozialer Verantwortung und Studierenden, die gesellschaftliche Probleme aktiv angehen möchten. Viele denken sich jetzt vielleicht: „Na toll, wenn ich nicht bei der Feuerwehr, beim Roten Kreuz oder in einer Parteijugend bin, wird das ja eh nichts.“ Man vergisst oft dabei, wo Engagement beginnt: Das kann das Training der E-Jugend sein, weshalb man zweimal wöchentlich länger am Sportplatz bleibt oder der Spaziergang mit den Hunden aus dem nahegelegenen Tierheim, den man jeden Donnerstag unentgeltlich macht. Vielleicht ist es auch die Kleiderkammer, wo Du seit drei Jahren zweimal monatlich Deiner Tante beim Klamotten sortieren hilfst oder Deine Tätigkeit in der SV, beim AStA oder als Klassensprecher*in oder der Sonntag im letzten Oktober, bei dem Du als Wahlhelfer*in Deinem Ort geholfen hat. Und wenn man gerade denkt, dass so etwas im bisherigen Leben kaum stattgefunden hat, sind deshalb lange noch nicht alle Stipendien-Züge abgefahren. Dann kann man sich immer noch fragen: „Was würde ich denn gern machen, wenn ich mehr Zeit hätte bzw. wo könnte ich aktiv werden, wenn ich die Gelegenheit hätte?“ Man kann also einen Ausblick geben, was oder wie man sich mithilfe eines Stipendiums gern einbringen würde. Oft sind die Websites und Instagram-Kanäle der einzelnen Stiftungen gute Inspirationsquellen und man entdeckt Projekte, bei denen man gern dabei wäre.

WELCHE STIFTUNG DARF’S DENN SEIN?

Warst Du schon immer in Deinem Ort aktiv, hast Dich in Vereinen eingebracht oder Dich bei konfessionellen Trägern engagiert (Mithilfe im Sportverein, Firmunterricht, Jugendfahrten mitorganisiert, neue Messdiener angelernt, in Koranschulen mitgeholfen etc.), dann könnte das ein guter Hinweis sein, sich bei einem konfessionellen Begabtenförderungswerk zu bewerben (Deutschlandstipendium an den verschiedenen Hochschulstandorten, Avicenna für muslimische Studierende, Ernst-Ludwig-Stiftung für jüdische Studierende, das Cusanuswerk für katholisch Studierende oder das ev. Studierendenwerk für protestantische Studierende).

Wenn es Dich eher in die politische Richtung gezogen hat, Du bei Fridays for Future mitgeholfen oder an anderen Stellen politisches Engagement gezeigt hast, sind vielleicht die politischen Begabtenförderungswerke eher etwas für Dich. Jede politische Partei im Bundestag hat eine eigene Stiftung und abhängig von Deinen politischen Ansichten passt davon vielleicht etwas zu Dir. Wenn man sich politisch nicht verorten kann, könnte hier der Wahl-O-Mat und der anschließende Blick in ein Parteiprogramm bzw. die Beschreibung der jeweiligen Stiftung helfen. Für eine Aufnahme in ein politisches Begabtenförderungswerk musst Du kein Parteimitglied sein! Wichtig ist nur, die Stiftung zu finden, die den eigenen Ansichten am nächsten kommt!

Außerdem gibt es Stiftungen, die lokal agieren (wie z. B. das Deutschlandstipendium) bzw. nicht an Parteien oder kirchliche Träger gebunden sind, wie z. B. von Gewerkschaften (z.B. die Hans-Böckler-Stiftung) oder wirtschaftsnah agieren (Stiftung der deutschen Wirtschaft).

Eine Auswahl von Begabtenförderungswerken, Stiftungen und ggf. Vertrauensdozent*innen der Universität Paderborn findest du hier.

WIE BEWERBE ICH MICH FÜR EIN STIPENDIUM?

Du kannst Dich bereits während des letzten Schuljahres vor dem (Fach-)Abi bewerben, um ab Beginn des Studiums gefördert zu werden. Jede Stiftung hat verschiedene Fristen, die man – sobald eine passende gefunden hat – auf den Websites der Stiftungen recherchieren kann. Die meisten der großen Begabtenförderungswerke haben zwei Fristen pro Jahr (ca. 6 Monate vor Beginn des Winter- bzw. Sommersemesters).

    Die Stiftungen haben ebenfalls gemeinsam, dass man diverse Unterlagen einreichen muss. Dazu gehört z.B. ein aussagekräftiges Motivationsschreiben bzw. ein ausformulierter Lebenslauf (abh. von der Stiftung 1-3 Seiten).  Grob gesagt sollte folgendes erläutert werden:

    1. Wer bin ich, was mache ich und was will ich erreichen?
    2. Warum bewerbe ich mich auf ein Stipendium?
    3. Warum ist Stiftung XY die richtige für mich?

In das Motivationsschreiben gehört alles rein, was “den Entscheider*innen” dabei hilft, die Bewerber*innen besser kennenzulernen. Wenn Du der*die Erste*r bist, die in der Familie studiert, Du Dir für das Abi alles selber beibringen musstet, nebenbei gearbeitet hast, Deinem Sportverein bei Veranstaltungen geholfen hast und das Abitur mit guten Ergebnissen erzielt hast, ist das ein Beweis für Belastbarkeit und Zielstrebigkeit und erklärt gleichzeitig, warum das Abi vielleicht nicht noch etwas besser war. Wenn Du viele Geschwister hast und Dich in (fast) jeder freier Minute um diese kümmern musstest oder Deine Eltern oft bei Behördengängen begleitet hast, solltest Du das trotzdem erwähnen. Diese Infos helfen „der Jury“, Deine bisher erbrachten Leistungen in Deinem Lebenskontext beurteilen zu können.

Gern gesehen ist es, wenn man seine bisherigen Aktivitäten (Engagements, Nebenjobs, gewonnene Preise etc.) mit einer Bescheinigung bestätigt und auch eine*n Dozent*in oder Lehrer*in fragt, ob er*sie ein Empfehlungsschreiben anfertigen kann. Sowas braucht manchmal Zeit und sollte deswegen frühzeitig organisiert bzw. bei den Vereinen, Kirchen, Schulen etc. angefragt werden.  Wenn Du Dich in Bereichen engagiert hast, für die es keine Bescheinigungen gibt (z.B. familiäres Engagement), kann man sie natürlich trotzdem im Motivationsschreiben oder im Lebenslauf erwähnen.

WIE GEHT ES NACH DER BEWERBUNG WEITER?

Bei manchen Stiftungen reicht ein überzeugendes Motivationsschreiben und eine vollständige Bewerbung, um eine monatliche Studienkostenpauschale zu bekommen und  Teil des begehrten Netzwerks zu werden. Bei manchen Stiftungen ist das Motivationsschreiben nur der erste Schritt und es geht mit einem Assessment-Center weiter, in denen man mit anderen Bewerber*innen bestimmte Aufgaben löst, ein weiteres Bewerbungsgespräch führt und Präsentationen zu bestimmten Themen vorträgt.

Bei solchen mehrstufigen Bewerbungsverfahren dauert es meistens ca. 3 Wochen, bis man eine Rückmeldung bekommt. Wenn man aufgenommen wird, beginnt die Förderung. Apropos Förderung: Viele Stiftungen übernehmen auf Antrag die vom BAföG-Amt geleistete Unterstützung, sodass man am Ende des Studiums im besten Falle keine BAföG-Rückzahlung vornehmen muss. Darüber hinaus kann man – wie auch beim BAföG – trotzdem nebenbei einen 450€-Job haben, dadurch verringert sich nicht die Fördersumme, die Du durch ein Stipendium erhältst. 

Dank eines Stipendiums kann man oft entspannter an bestimmte Studienphasen herangehen. Wenn z. B. ein Praktikum ansteht, ist es vielleicht nicht so schlimm, wenn dieses kaum oder nicht so gut bezahlt wird. Du kannst Dich darauf konzentrieren, ob das Praktikum Dich inhaltlich dem Berufswunsch näherbringt und nicht, ob Du es in der Praktikumsphase schaffst, nebenbei noch genug Geld für Deine Miete zu verdienen.

PROBIER’S AUS!

Unterm Strich kann man sagen, dass beim Thema Stipendien eigentlich für jede*n etwas dabei ist und dass es i. d. R. nicht schaden kann, sich mit einer Bewerbung in Ruhe auseinander zu setzen. Im besten Falle gelingt es und neben mindestens 3600€ pro Jahr (!) öffnet sich für Dich ein Netzwerk, das für den Berufseinstieg und darüber hinaus nicht nur nützlich für Dich, sondern auch für die Gesellschaft ist.

Hier nochmal das Wichtigste in Kürze:

  • Beginne so früh wie möglich mit der Stipendiensuche!
  • Bewirb Dich auf Stipendien, die zu Deinem Profil passen!
  • Plane ausreichend Zeit für das Anfertigen der Bewerbungsunterlagen ein!
  • Behalte den Abgabetermin im Auge!
  • Verschicke nur vollständige Bewerbungsunterlagen!
  • Vergiss nicht, Dein ehrenamtliches Engagement zu erwähnen und nachzuweisen!

Hast Du weitere Fragen? Nimm mit der Stiftung Kontakt auf oder lass Dich in der Zentralen Studienberatung beraten!

Übrigens:

Falls es nicht klappt mit dem gewünschten Stipendium – der Carrer Service unterstützt auch dabei, berufliche Netzwerke zu knüpfen und Kontakte zu Arbeitgebern aufzubauen.

Bildquelle: ZSB Universität Paderborn  

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