Seit Tausenden von Jahren werden Winkel landläufig in Grad von 0° bis 360° gemessen. Der rechte Winkel hat damit eine Größe von 90°. Selbst die ansonsten sehr erfolgreichen Bemühungen nach der französischen Revolution, alle Maßeinheiten auf das Dezimalsystem zurückzuführen, konnten daran nichts ändern: Die Definition des Neugrads mit 100° für den rechten Winkel konnte sich nicht durchsetzen.
Darum ist es auf dem ersten Blick erstaunlich, dass die Mathematiker in der Regel Winkel nicht in Grad messen.
Dabei ist die Begründung vergleichsweise einfach und an den trigonometrischen Funktionen auch gut zu demonstrieren.
Zeichnet man die z.B. die Sinusfunktion, dann läuft die vertikale Achse von -1 bis +1, die horizontale aber von 0 bis 360. Wählt man für eine Einheit jeweils die gleiche Ausdehnung, so bekommt man einen extrem langen und/oder einen extrem niedrigen Funktionsverlauf.
Für einen 'schönen' Verlauf muss man also die Einheiten unterschiedlich zeichnen. Welches Verhältnis soll man aber dann wählen?
Ganz entscheidend wird das dann, wenn man Steigungen, also Ableitungen betrachtet (Vgl. Differentialrechnung bei Funktionen mit einer unabhängigen Variablen und insbesondere die Ableitung von Trigonometrischen Funktionen Dann würden Höhenänderungen anders als Längenänderungen gemessen und es müssten diese Dimensionsverhältnisse bei allen Rechnungen mitgeschleppt werden.
Aus diesem Grund messen Mathematiker den Winkel als Strecke eines Winkelbogens. Da die trigonometrischen Funktionen im Einheitskreis definiert werden, nehmen sie konsequenterweise auch den Einheitskreis zur Definition des Bogens.
Ein voller Winkel von 360° entspricht damit dem Umfang des Einheitskreises, also $2\pi$. Aus der Beziehung $360°=2\pi$ ergibt sich sofort $$1°=\frac{\pi}{180}$$ Der rechte Winkel entspricht einem Viertelkreis und damit der Bogenlänge $\frac{2\pi}{4}=\frac{\pi}{2}.$
Beachten Sie, dass die oben untersuchten virtuellen Zeichenmaschienen genau so aufgebaut sind. Durch die Zahnstange und den Zahnreifen entspricht die Bewegung des Papierstreifens exakt der Bogenlänge der Drehung der Scheibe; die vertikale Achse ist konsequenterweise in Bogenmaß skaliert, so dass nach exakt einer Drehung die Skala bei $2\pi$ steht.

Sie können den roten Punkt mit der Maus an der Kreislinie entlang ziehen und sich damit den Winkel in Grad, in Radian oder in Radian als Vielfaches von π anzeigen lassen.

Beachten Sie dabei, dass man Winkel in Radian fast nie in absoluten Größen, sondern eigentlich immer als Vielfaches von π angibt. Ein Winkel von 90° entspricht damit einem Winkel von π/2, kaum jemand wird von einem Winkel von 1,57 rad sprechen.