Wir gehen von einer mit Gras bewachsenen Insel aus, auf der zwei
Populationen leben, die
- um die gleiche Ressource konkurrieren, wie z.B.
Kaninchen und Schafe, die jeweils Grass fressen. oder
- bei der eine von der anderen Population lebt (Kaninchen
und Wölfe) und die andere sich von der Ressource ernährt.
Diese Modelle können durch einfache nichtlineare
Differentialgleichungen beschrieben werden. Sie wurden zu diesem
Zweck unabhängig voneinander von Lotka und Volterra eingeführt.
Wir nehmen an, dass die betrachtete Populationen so gross sind,
das wir Ganzzahligkeit vernachlässigen können. Die betrachteten
Funktionen seien kontinuierliche Funktionen in Abhängigkeit von
der Zeit:
$$\dot x = x\cdot (a_x + a_{xx}x + a_{xy}y) =a_x x + a_{xx}x^2 + a_{xy}xy \quad (*)$$
$$\dot y = y\cdot(b_y + b_{xy}x + b_{yy}y) = b_y y + b_{xy}xy + b_{yy}y^2 \quad (**)$$
wobei $a_x$, $b_y$, $a_{xx}$,$a_{xy}$, $b_{xy}$ und $b_{yy}$
Konstanten sind.
In diesen Gleichungen werden die Wachstumsraten $\dot x/x$ und
$\dot y/y$ in folgender Weise in Abhängigkeit von den
Populationsgrößen $x$ und $y$ dargestellt:
Wir betrachten zuerst die $\dot x$ Gleichung. Unterstellen wir
$y=0$ so ergibt sich $\dot x =a_1 x + a_{xx}x^2 $. Für kleines x
kann der Wert $x^2$ vernachlässigt werden, es gilt also $\dot x
=a_x x $. Das beschreibt die normale Wachstumsfunktion für $a_x>0$
bzw. Schrumpfungsfunktion für $a_x<0$. Zu einem Wachstum kommt es,
wenn die (kleine) Population sich von Gras ernährt, das reichlich
auf der Insel vorhanden ist. Ernährt sich x hingegen als Räuber
von der Population y und ist $y=0$ so kommt es zum allmählichen
Aussterben. Der Koeffizient $a_{xx}$ beschreibt den Zusammenhang
der Species mit sich selbst. Da die Insel endlich ist, führt
starkes Wachstum zu Überbevölkerung und somit zu einer
Wachstumsbeschränkung, $a_{xx}$ ist somit negativ.
Die Koeffizienten $a_{xy}$, $b_{xy}$ beschreiben schließlich die
gegenseitigen Effekte, die die Spezies y auf x und Spezies x auf y
ausüben.
Bei positivem $a_{xy}$ führt der Term $a_{xy}xy$ zu einer
Vergrößerung der Wachstumsrate von x, die um so größer ist, je
größer $y$; das ist zum Beispiel der Fall, wenn sich x (= Wölfe)
von y (=Kaninchen) ernährt. Ein negatives $a_{xy}$ hingegen
verringert den Anstieg von x, beispielsweise, weil die andere
Population raubt (viele Wölfe sind des Hasen Tod) oder wenn beide
Populationen um die gleiche Ressource konkurrieren.
Leben die beiden Populationen in Symbiose, so profitieren sie
gegenseitig. Es ist dann $a_{xy}>0$ und $b_{xy}>0$.
Also haben wir die folgenden drei Modelle:
- Räuber-Beute (predator-prey case)
- $x$ ist Räuber
$ a_x < 0$, $ b_x > 0$, $ a_{xy} > 0$, $ b_{xy} < 0$.
- $y$ ist Räuber
$ a_x > 0$, $ b_x < 0$, $ a_{xy} < 0$, $ b_{xy} > 0$.
- Konkurrenz (competitive case)
$ a_x > 0$, $ b_x > 0$, $ a_{xy} < 0$, $ b_{xy} < 0$.
- Symbiose (symbiotic case)
$ a_x > 0$, $ b_x > 0$, $ a_{xy} > 0$, $ b_{xy} > 0$.
siehe hierzu auch Mathematik für Biologie, wihler:2009, S.57ff