Buchrezension: Ein einfaches Leben

Buchrezension: Ein einfaches Leben

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Titel: Ein einfaches Leben
Autorin: Min Jin Lee
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, München
Erscheinungsjahr: 2018, Erstausgabe
Umfang: 552 Seiten, unterteilt in 3 Bücher (17, 20 & 21 Kapitel)
Preis: 24 €

Die Autorin
Name: Min Jin Lee
Geboren: 1968 in Seoul, Südkorea
Wohnorte: Boston, Tokio, Washington D. C., New Haven, New York, Seoul
Bildung: Studium der Geschichte am Yale College und Jura Studium an der Georgetown University
Beruf: Autorin, vorher Juristin
Weitere Werke: Free Food for Millionaires (2007), einige Kurzgeschichten

Meine Motivation
Bei der Suche nach einer geeigneten Literatur hatte ich mir vorab einige Kriterien an die Literatur gestellt. Es sollte ein Roman sein, welcher nicht als gesellschaftskritische Hauptthematik die klassische Geschichte der Trennung von Nord- und Südkorea thematisiert. Ferner sollte es für mich ein aktuell geschriebener Roman sein, welcher mir einen Einblick in die Denkweise von Koreanern geben kann. Bei meiner Recherche begegnete mir dann der Roman Ein einfaches Leben von Min Jin Lee, welcher die verschiedenen Lebensweisen und Schicksale von den koreanischen Einwanderern Sunja und ihren beiden Söhnen als Minderheit in Japan verdeutlichen soll. Beschrieben wurde das Buch als opulenter Familienepos über Loyalität und die Suche nach der eigenen Identität.
Durch diese Beschreibung, Empfehlungen und die guten Kritiken, die der Roman von diversen Institutionen bekommen hat, hat mich letzten Endes dazu bewogen, dass ich diesen Roman ausgewählt habe.

Buchaufbau
Das Buch gliedert sich in drei Bücher mit insgesamt 552 Seiten. Im ersten Buch Gohyang/Zuhause befinden sich die Charaktere in den Jahren 1910-1933, in dem zweiten Buch Mutterland befinden sich die Charaktere in den Jahren 1939-1962 und in dem dritten und letzten Buch Pachinko befinden sich die Charaktere in den Jahren 1962-1989. Eingeleitet wird jedes Buch, welches aus 17 – 21 Kapiteln besteht, aus Zitaten von Charles Dickens, Park Wan-Suh und Benedict Anderson, die von Zuhause, Korea und dem Begriff und der Bedeutung des Wortes Nation handeln und in die jeweilige Thematik des Buches einführen. Am Ende des kompletten Buches findet man, nach den Danksagungen, ein Glossar, welches die wesentlichen Ausdrücke und Begriffe, die auf Japanisch oder Koreanisch im Buch vorkommen, dann übersetzt beziehungsweise erklärt.

Inhalt
Buch I: Goyang/Zuhause (1910-1933)
In einem Fischerdorf bei Busan startet der Familienepos mit Hoonie, der mit einem Handicap geboren und dann mit Yangjin verheiratet wurde und zusammen mit ihr und seiner Tochter Sunja führte er ein Logierhaus. Nach seinem Tod lernte Sunja den älteren Fischgroßhändler Hansu Koh kennen und wird von diesem geschwängert. Da dieser bereits mit einer Japanerin verheiratet ist, hat sich Sunja von ihm abgewandt und heiratete den koreanischen geistlichen Logiergast Isak, der krankheitsbedingt für längere Zeit im Logierhaus verbringen musste und Sunja von ihrer Schande befreien wollte. Gemeinsam mit ihrem neuen Ehemann zog Sunja zu seinem Bruder Yoseb und seiner Frau Kyunghee nach Osaka, Japan und gebar dort ihren ersten, unehelichen Sohn Noa und zweiten, ehelichen Sohn Mozasu.

Buch II: Mutterland (1939-1962)
Nachdem der Geistliche Isak aufgrund von angeblichem Widerstand gegen den Staat festgenommen wurde, musste Sunja eine Möglichkeit, damit Sie ihre Familie ernähren kann. Sie entschied sich auf dem Markt mit der Unterstützung von Kyunghee, je nach Verfügbarkeit, diverse Köstlichkeiten wie Kimchi und Toffee zu verkaufen bis sie von Kim Changho, einem Restaurantbesitzer, überredet wird für seine Restaurants Kimchi zuzubereiten. Nach längerem Widerstand von Yoseb, stimmte dieser zu, dass die beiden Frauen Geld verdienen durften, da sein Einkommen als koreanischer Manager nicht mehr für die Versorgung der gesamten Familie ausreichte. Nach einigen Jahren wurde Isak dann aus der Haft zum Sterben nach Hause geschickt und kurz danach begegnete Sunja nach vielen Jahren dem Vater von Noa, Hansu Koh, wieder, der sie und ihre Familie in ein abgelegenes Dorf geschickt hat, damit diese den Krieg überleben konnten. Daraufhin wurde Sunja bewusst, dass Hansu Koh sie und ihre Familie durchgehend im Auge behalten und unterstützt hat und selbst ihre Mutter aus Korea nach Japan gebracht hat, sodass er sehr großen Einfluss im gesamten Land haben musste. Auf diese Weise suchte Hansu Koh, der sonst nur Töchter hat, Kontakt zu seinem Sohn und versorgte die Brüder mit Leckereien und Comics.
Nachdem der Krieg vorbei war, kehrte die Familie wieder nach Osaka zurück, wobei Hansu Koh sie immer wieder finanziell unterstützte und Sunjas Söhne Noa und Mozasu litten in der Schule unter Hänseleien, da bekannt ist, dass sie Koreaner sind, sodass kaum jemand Kontakt zu ihnen hatte. Im Gegensatz zu Noa, machte sich Mozasu keine großen Mühen, um nach der Schule noch anschließend die Aufnahmeprüfung der Universität zu bestehen. Er beschloss von der Schule abzugehen und schloss sich Goro an, der ihn in das zwielichtige Pachinko Geschäft einführte, wo er auch schnell aufstieg und Yumi, seine Ehefrau und Mutter seines Sohnes Solomon kennen.
Währenddessen lernte Noa viel und schaffte es auf die Waseda Universität in Tokio, die die Familie nicht selbst finanzieren konnte, woraufhin Hansu Koh einsprang und ihn bei seinem Studium der Amerikanistik unterstützte und im Gegenzug traf er sich mit ihm einmal im Monat bis Noa herausfand, dass er – ein Yakuza – sein Vater ist und Noa gab daraufhin sein Studium auf und hat sich von seiner Familie abgewendet.

Buch III: Pachinko (1962-1989)
In Nagano nahm Noa die Identität eines Japaners an und arbeite wie sein Bruder im Pachinko Gewerbe und heiratete Risa, eine Japanerin, mit der er vier Kinder bekam. Risas Familie verurteilte sie, dass sie mit einem Mann verheiratet war, der im Pachinko Gewerbe tätig war, sie hingegen verteidigte ihn daraufhin immer wieder, da sie nicht wusste, dass er Koreaner ist.
Mittlerweile lebte Mozasu als Abteilungsleiter in Yokohama mit seiner Familie, als er die Nachricht bekam, dass seine Frau bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, weswegen Hansu Koh wieder mit Sunja Kontakt aufgenommen hat, um sie bei der Suche nach Noa zu unterstützen und ihr zu erklären, dass er bald sterben würde. Einige Jahre später fand Hansu dann auch Noa in Nagano und fuhr mit Sunja zu ihm, die es nicht aushielt und direkt aus dem Auto auf ihn zulief und mit ihm über sein Leben sprach. Daraufhin beging Noa Selbstmord und seine japanische Familie erfuhr nie, dass er Koreaner war, da seine Familie den Kontakt mied.
Bald fand Mozasu, der durch das Pachinko Gewerbe sehr reich wurde, eine neue Freundin namens Etsuko, die selbst weitere Kinder hatte, die sie verstoßen hatten. Nur ihre Tochter Hana nahm Kontakt, da sie Hilfe bei einer Abtreibung brauchte. Bevor Hana die Stadt verließ, fing sie eine Liebesbeziehung mit Solomon an, der sich mit der gehobenen Klasse abgab und eine internationale Schule besuchte, was ihn schließlich für ein Studium nach Amerika führte. Dort lernte er die Koreanerin Phoebe kennen, die er mit nach Japan nahm und er fing bei einem englischen Unternehmen an zu arbeiten. Nachdem er immer wieder herzlich aufgenommen wurde, wurde er aber direkt nach einem Vorfall, in das sein Vater – der koreanische Pachinko Betreiber – scheinbar verwickelt war, gekündigt. Daraufhin trennte sich Solomon von Phoebe und er beschloss sich dem Pachinko Gewerbe seines Vaters anzuschließen, da er keine andere Wahl sah, die er als Koreaner in Japan hat.

Fazit/Diskussion
Der Roman startet mich der provokanten Aussage: „Die Geschichte hat uns im Stick gelassen, aber was macht das schon.“ (S. 13) Diese Aussage fasst im Großen und Ganzen das Buch zusammen und den Umgang mit den Problemen, die die Charaktere tagtäglich meistern müssen. Die Autorin versucht durch den Roman Aufklärungsarbeit über die Zainichi (Koreaner mit Dauerbleiberecht in Japan) zu leisten, die auch heutzutage oftmals mit Vorurteilen zu kämpfen haben. Dabei ist dieses Phänomen auch auf andere Länder übertragbar und stellt für viele auch heute noch aufgrund der Frage nach der Identität ein großes Problem dar.
Insgesamt würde ich den Roman Ein einfaches Leben definitiv weiterempfehlen. Die einfache Sprache erschien mir anfangs sehr gewöhnungsbedürftig, vor allem aber auch die Einführung in die Gedankenwelt der vielen Nebencharaktere war anfangs schwierig, jedoch werden dadurch die gesellschaftskritischen Themen, die in dem Roman beleuchtet werden, wesentlich besser verdeutlicht und man bekommt einen Einblick in noch mehr relevante Themen wie Geldprobleme, Religion, Selbstmord, Bildung, das Rollenbild der Frau, Sexualität und Prostitution, das zwielichtige Pachinko-Gewerbe und die Yakuza.
Natürlich muss man das gesamte Werk immer noch als Fiktion betrachten, doch aufgrund der in den Danksagungen erklärten intensiven Recherche, sollten die beschriebenen Geschehnisse insgesamt die Situation realistisch darstellen, wodurch das Buch für mich persönlich relevant ist.

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