Buchrezension: Seidentochter – Ein Adoptivkind aus Korea findet seine leiblichen Eltern

Buchdetails
Titel: Seidentochter – Ein Adoptivkind aus Korea findet seine leiblichen Eltern
Autor: Anneli SchinkelSeidentochter Book Cover
Verlag: Bastei Lübbe
Erscheinungsjahr: Juni 2009
ISBN: 978-3404616527
Umfang: 245 Seiten
Preis: 8,95€

Charaktere
Anneli (Ha-Young) Schinkel: Anneli Schinkel ist eine koreanisch-stämmige Frau, die im jungen Alter von 4 Monaten von dem deutschen Ehepaar Gerd und Monika Schinkel adoptiert wurde.
Gerd Schinkel: Anneli’s Adoptivvater
Martina Schinkel: Anneli’s Adoptivmutter
Omma: Anneli’s leibliche Mutter
Appa: Anneli’s leiblicher Vater
Sin-Young: Anneli’s 1. leibliche Schwester
So-Hyeun: Anneli’s 2. leibliche Schwester

Motivation
Während meiner Suche nach einem interessanten Buch bin ich auf einige Bücher gestoßen, die die Flüchtlingsgeschichte von nordkoreanischen Frauen erzählte, was ich mich sehr interessiert hat. Jedoch ist mir aufgefallen, dass schon einige Bücher mit einer solchen Thematik rezensiert wurden, sodass ich mich für eine andere Thematik beschloss. Ein paar Tage nach dem Koreanisch Sprachkurs an dem LSI Bochum habe ich den Film „Seoul Searching“ auf Netflix gesehen, der sich damit beschäftigt, wie koreanische Immigrantenkinder zu ihren koreanischen Wurzeln finden, und wie sie mit ihrer Identität als Koreaner und Ausländer zu leben haben. In dem Film wird auch die Geschichte eines Adoptivkindes angerissen, die in Korea auf der Suche nach ihren leiblichen Eltern ist. Als ich dann auf das Buch “Seidentochter – Ein Adoptivkind aus Korea findet seine leiblichen Eltern“ gestoßen bin, wusste ich sofort, dass ich eine wahre Geschichte lesen wollte, und habe mich schlussendlich für dieses Buch entschieden.

Die Autorin
Anneli Schinkel wurde am 25. Juli 1982 in Korea zur Welt gebracht. Kurz nach ihrer Geburt wurde sie vor einem Waisenhaus in der Stadt Kyongju ausgesetzt, nach der sie dann benannt wurde. Mit einem jungen Alter von 4 Monaten wurde Anneli von dem deutschen Ehepaar Schinkel adoptiert und wuchs mit einem ebenfalls koreanischen adoptierten Bruder, Yannik, auf. Im Jahr 2003 bekam sie eine Einladung aus Seoul, um an einem Seminar für adoptierte Koreaner im Ausland teilzunehmen. Diese Gelegenheit nutzte sie, um sich auf die Suche nach ihren Wurzeln, mit so gut wie keinen Informationen über ihrer Herkunft, zu machen. Seitdem sie ihre leibliche Familie durch eine koreanische Fernsehsendung wiedergefunden hat, reist sie in regelmäßigen Abständen nach Korea.

Inhalt und Gliederung

Das Buch „Seidentochter“ hat 16 Kapitel, die man grob in drei Teile gliedern kann. Der erste Teil, und somit die Geschichte der Anneli Schinkel, beginnt mit ihrer Suche nach ihrer leiblichen Mutter. Ihre Reise hingegen, beginnt damit, dass sie im Alter von 21 Jahren eine Einladung bekommt, an einem Seminar für adoptierte Koreaner im Ausland in Seoul, teilzunehmen. Diese Einladung nimmt sie an und kurzerhand fliegt sie mit ihrem Bruder Yannik nach Korea, um ihr „mother land“ (so wird es von den Koreanern genannt), kennenzulernen. In Korea angekommen, lernt sie viel über „ihre“ Kultur und lernt einige andere „Koreaner“ kennen, die das gleiche Schicksal teilen wie sie. Auch trifft sie einige, die ebenfalls auf der Suche nach ihrer leiblichen Familie sind, und diese auch gefunden haben. Diese Geschichten und der Beistand ihrer Adoptivfamilie ermutigen Anneli und sie tritt in der Fernsehsendung Achim-Madang-Show auf, um ihre leibliche Mutter zu suchen. Noch am selben Tag, kurz nach ihrem Aufritt in der Show meldet sich eine Frau, die behauptet Annelis leibliche Mutter zu sein. Doch durch eine Abmachung mit dem Fernsehsender, müssen beiden Parteien vorerst einen DNA Test machen, um eine hundertprozentige Sicherheit zu gewähren. Eine weitere Abmachung seitens des Fernsehsenders, ist es, dass sich beide Parteien zum ersten Mal in der Sendung treffen müssen. Nach einer Woche stehen die Ergebnisse fest, und Anneli hat zu 99.9% ihre leibliche Mutter gefunden. Somit endet ihre Suche nach ihrer leiblichen Familie und der erste Teil der Geschichte.

Im zweiten Teil erfährt Anneli, dass sie nicht nur ihre leibliche Mutter, sondern auch ihren leiblichen Vater, zwei ältere Schwestern und einen jüngeren Bruder gefunden hat. Dies kommt etwas unerwartet, da sie bisher immer angenommen hat, dass sie aus familiären oder wirtschaftlichen Gründen ausgesetzt wurde. Das erste Treffen war, wie abgesprochen, im Fernsehsender, wo sie erfährt, dass sie als Kind nicht von ihren Eltern ausgesetzt wurde, sondern von ihrer Halmoni (Großmutter mütterlicherseits) nach ihrer Geburt abgegeben wurde. Sie wurde also in einer tragischen Art und Weise von ihrer koreanischen Familie entrissen und landete stattdessen in einer liebevollen deutschen Familie. Nach der Sendung lernen sich die Familien besser kennen und die koreanische Familie erkennt, dass Anneli in einer fürsorglichen Familie aufgewachsen ist. Besonders die leibliche Mutter, die fortan Omma genannt wird, leidet darunter, da sie sich vorwirft keine Mutter für Anneli sein zu können. Die koreanische Familie lädt Anneli und ihre Familie zu ihnen ein, um Anneli ihren Geburtsort, Pohang, vorzustellen und der restliche zweite Teil endet mit einer vergrößerten Familie.

Der dritte Teil zeichnet den Wendepunkt des Buches, denn Annelis leibliche Mutter erkrankt an Leberkrebs, den sie Dank eines Freundes ihrer Schwester Sin-Young besiegen kann. In diesem Teil vergrößert sich Annelis Wunsch, die koreanische Familie öfters zu besuchen oder sie nach Deutschland zum Besuch einzuladen. Leider erkrankt Omma wieder an Krebs, der sich diesmal in ihrer Lunge ausbreitet. Die Chancen einer Heilung stehen schlecht, jedoch versuchen alle positiv zu bleiben und kümmern sich liebevoll um Omma. Nur Anneli ist auf der anderen Seite der Erde und macht sich Vorwürfe nichts für ihre koreanische Familie tun zu können. Als ihre Schwester Sin-Young den Leberspender heiratet, erfüllt sich einen Teil ihres Wunsches, und ihre Schwester Sin-Young kommt für einige Tage zu Besuch. Nach einiger Zeit ergibt sich ebenfalls für Omma, Appa (so wird der leibliche Vater genannt), Sin-Young und So-Hyeon die Möglichkeit nach Deutschland zu kommen. Abermals sorgt eine Fernsehsendung dafür, dass sich die Familien treffen können. Ein Großteil dieses Teils des Buches fokussiert sich auf die Beziehung zwischen Anneli und ihrer leiblichen Mutter, die dann 2006 dem Krebs unterliegt und stirbt. Anneli fliegt nach Korea, um an der Beerdigung beizuwohnen und sich von ihrer leiblichen Mutter zu verabschieden. Dort angekommen beschreibt sie die Traditionen und gibt einen erschreckenden Einblick in die Kultur.

Das Buch endet mit dem Abschied von der koreanischen Familie und der Ankunft in Deutschland. Anneli erkennt, dass sie trotz „koreanischem Blut“, sehr europäisch ist, was ihre Liebe zu ihrer koreanischen Familie nicht mindert. Sie ist glücklich diese Reise begonnen zu haben und wünscht sich, dass jedes Adoptivkind die Chance hat, seine leibliche Familie kennen zu lernen, wenn sie dies wünschen.

Fazit

Anneli Schinkels Buch „Seidentochter“ erzählt von einem emotionalen Ausschnitt aus ihrem Leben, der den Leser sehr berührt. Ihr Schreibstil ist sehr einfach und leicht zu lesen, sodass man wirklich mit ihr mitfühlen kann. Durch ihre Herkunft und der Tatsache, dass sie adoptiert wurde, ergibt sich eine sehr interessante Lebensgeschichte, die sie mit ihren Lesern teilt. Ihre Umstände und Eindrücke sind echt, detailliert und emotional. Der Leser bekommt einen seltenen Einblick in die koreanische Kultur; einen Einblick aus westlichen Augen, die jedoch als koreanisch angesehen werden. Anneli Schinkel beschreibt jedes einzelne Detail, die sie als westliche Person in der koreanischen Kultur sieht. Während des ganzen Buches erklärt Anneli Schinkel die Bräuche und kulturellen Unterschiede von Deutschland und Südkorea und drückt auch ihre Eindrücke aus. Diese Einsichten sind meiner Meinung nach besonders interessant, da man sich in diesen Situationen besonders gut mit Anneli Schinkel identifizieren kann, da auch ihr die Kultur fremd ist. Besonders oft werden Situationen beschrieben, die Anneli an der koreanischen Kultur kritisiert und es wird oft ersichtlich, dass sie trotz ihres koreanischen Aussehens, eine durch und durch europäische Mentalität besitzt.
Ich kann dieses Buch nur wärmstens empfehlen, denn ich fand die Thematik sehr interessant und auch die Lebensgeschichte sehr bewegend. Es ist keine weltbewegende Geschichte, wie die von nordkoreanischen Flüchtlingen, aber es ist eine bewegende Geschichte über eine Frau, die ihre Wurzeln sucht, findet und traurigerweise (teilweise) wieder verliert.

Mehr dazu:
Interview mit Anneli Schinkel
Seoul Searching – Netflix

This entry was posted in German, Literature review, South Korea. Bookmark the permalink.