Buchrezension: Schlaflos in Seoul – Korea für ein Jahr

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Titel: Schlaflos in Seoul – Korea für ein Jahr

Autorin: Vera Hohleiter

Erscheinungsjahr: 2009

Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv)

Seiten: 192 Seiten

ISBN: 978-3-423-21153-6

Preis: 8,95 €

 

Motivation:

Nach dem es feststand, dass ich ein Auslandssemester an der EWHA Womans University in Seoul absolvieren werde, wollte ich mich noch mehr über das Land, die Leute und die Kultur informieren. Mir ist es nämlich wichtig, sich vor dem Aufenthalt mit diesen Themen genauer auseinanderzusetzen. Das Buch handelt von den Erfahrungen der Autorin, die sie in Seoul erlebt hat. Genau diese Tatsache reizt mich, da auch mir zum Teil diese Erfahrungen bevorstehen werden und ich mich schon jetzt mit der Autorin identifizieren kann. In Kommentaren und Bewertungen wird das Buch sehr kontrovers diskutiert. Diese haben meine Entscheidung jedoch nicht beeinflusst, weil ich mir selbst ein Bild davon machen wollte.

Die Autorin:

Vera Hohleiter wurde 1979 in Heilbronn geboren und studierte Literatur-, Politik- und Geschichtswissenschaft in Berlin und Paris. Sie schreibt für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, veröffentlicht Kurzprosa in Literaturzeitschriften und Anthologien. Sie ist neugierig und abenteuerlustig. Des Weiteren ist sie gerne auf Reisen und betreibt daher eine Webseite mit Reisetipps für Globetrotter. Sie verbrachte lange Zeit in den USA, Frankreich, Kamerun und in Südkorea. Zurzeit lebt sie jedoch in Berlin und Seoul. Nachdem ihr Buch 2009 ins Koreanische übersetzt wurde, häuften sich die negativen Kommentare im Internet und erregte Aufregung in Südkorea.

Inhalt:

Das Buch besteht aus insgesamt 23 Kapiteln, in denen Vera Hohleiter ihre Erfahrungen sehr realitätsnah schildert, die sie in Südkorea erleben durfte. Dabei erzählt sie über diverse Themen wie Familienleben, den koreanischen Alltag und Arbeitsmoral.

Am Anfang der Lektüre beschäftigt sie sich mit der Frage „Warum nicht Korea?“. Sie selbst hat keine exakte Antwort auf diese Frage. Da sie sich selbst als neugierig und ziemlich abenteuerlustig beschreibt, entschließt sie sich ohne langes Zögern, nach Korea zu reisen. Auffallend ist, dass sie sich in diesem Kapitel selbst als eine Ausländerin in Korea kritisiert. Für sie sind Ausländer, die in Korea leben, anstrengende Menschen, die sich viel beschweren und über Kleinigkeiten aufregen.

Eigentlich wollte Vera Hohleiter nur einen Monat in Südkorea bleiben, doch in dieser Zeit lernte sie einen Koreaner Sung-Jo (Joe) kennen. Nach dem kurzen Aufenthalt ging sie wieder nach Berlin zurück und Joe aufgrund des Studiums für ein Jahr nach London. In dieser Zeit  hatten beide regelmäßigen Kontakt. Als Joe nach Korea zurückkehren musste, entschied sich Vera, ihn zu begleiten und für ein Jahr nach Seoul zu ziehen. Die Entscheidung bezieht sich auf den zweiten Titel des Buches „Korea für ein Jahr“. Um Koreanisch zu lernen und neue Erfahrungen zu sammeln, hat sie diese Entscheidung für sich selbst getroffen. Jedoch ist dies, ihrer Meinung nach nur realisierbar, wenn man länger als ein paar Monate bleibt, auch wenn dies bedeuten muss, seine Freunde, Job und Familie zurück in Berlin zulassen.

In ihrer ersten Zeit in Seoul bemerkt sie schnell, dass die Bücher, die sie vor ihrem Aufenthalt gelesen hatte, nicht auf mögliche Schwierigkeiten im Alltag hinwiesen. Sie berichtet, dass es schwierig ist, Koreaner zu finden, die Englisch sprechen. Zudem macht sie die Erfahrung mit dem koreanischen Schönheitsideal und bemerkt schnell, dass diese sich dem europäischen stark unterscheidet. Sommersprossen, Muttermale, dunkle Haut, gelocktes oder krauses Haar, Kurzhaarfrisuren bei Frauen, Glatzen etc. gelten als unattraktiv in Südkorea. Sie schrieb sich für einen Sprachkurs an der EWHA Womans University ein, da das Sprachzentrum einen guten Ruf hat. Obwohl sie mit den Tücken der Sprache zu kämpfen hat, fühlte sie sich an der Universität sehr wohl. Lange Zeit war es der Ort, der ihr das Gefühl gab, immer willkommen zu sein und an dem sie sich verstanden fühlte.

Besonders interessant ist für mich und gewiss auch für die anderen Studierenden, die ein Auslandssemester an der EWHA Womans University absolvieren werden, das Kapitel 5 „Nonstop in der Bibliothek – Studentenleben in Korea“. In diesem Kapitel beschreibt sie das Studentenleben und die koreanische Studentinnen. Das Viertel um den Campus herum ist auf weibliche Bedürfnisse ausgerichtet. Anders als sie es aus Deutschland kennt, ist das Bibliotheksleben in Korea. Es ist weniger streng als in Deutschland und einige Studentinnen haben sich in der Bibliothek häuslich eingerichtet. Des Weiteren ist sie 24 Stunden geöffnet und auf Dauergäste eingestellt. Es gibt ein Café, Wasserspender, viele Getränkeautomaten und Mikrowellen. Entweder bringen sich die Studentinnen ihr eigenes Essen mit oder kaufen sich etwas in einem kleinen Laden, der sich direkt neben der Bibliothek befindet. Außerdem ist es üblich, dass einige Studentinnen die Nacht dort verbringen.

Da die Autorin Vegetarierin ist und nicht so gerne scharfes Essen mag, hat sie es mit der koreanischen Küche nicht leicht. Sie beschreibt, dass wenn ein Ausländer scharfe Gerichte essen kann, die höchste Anerkennung bekommen würde. Es kam oft vor, dass sie in einigen Restaurants nichts zu essen bekam oder hinauskomplimentiert wurde.

An einigen Stellen im Buch gibt die Autorin gute Tipps und Ratschläge, was man in Korea beachten sollte, z.B. nicht über Hundefleisch diskutieren, Faulheit wird nicht positiv angesehen und die Koreaner essen äußerst geräuschvoll. Mit den Einheimischen kann man sich jedoch gut über die hohen Mietpreise und die Luftverschmutzung unterhalten. Sie vermutet, dass das die einzigen negativen Themen sind, die sich die Koreaner eingestehen, weil beides messbar und statistisch zu belegen ist.

Das Thema des ersten Titels „Schlaflos in Seoul“ wird in Kapitel 9 und 18 behandelt. Vera Hohleiter musste fast jede Nacht mit der Schlaflosigkeit kämpfen, da die Wände ihrer Wohnung so dünn waren, so dass sie jede Nacht ihre Nachbarn und die Betrunkenen hörte. Außerdem werden Bauarbeiten an Straßen und Gebäuden im Sommer nachts erledigt, da es tagsüber zu warm ist. Um diesem Lärm zu entkommen, suchte sie sich für den Zeitraum diverse Beschäftigungen wie Filme gucken und einkaufen gehen. Da Seoul eine Stadt ist, die niemals schläft, sind auch viele Geschäfte 24 Stunden geöffnet.

Sie wollte Korea eigentlich nach einem Jahr verlassen. Doch als sie durch Zufall für eine beliebte koreanische Fernsehshow „Die tratschenden Schönheiten“ (Orig. Chit Chat with beautiful Ladies 미녀들이 수다) engagiert wurde und anfing beim koreanischen Radio zu arbeiten, blieb sie in Seoul. Letztendlich konnte sie sich in Südkorea gut integrieren, auch wenn sie zwischendurch Heimweh nach Berlin bekam.

Fazit:

Das Buch „Schlaflos in Seoul – Korea für ein Jahr“ ist aufgrund der kurzen Kapitel sehr verständlich zu lesen. Meiner Meinung nach konnte das Buch informative Einblicke über das Leben in Korea geben. Ich konnte Vera Hohleiters Erlebnissen gut folgen und ich denke, dass das Buch eine Hilfestellung für mein Auslandssemester ist. Außerdem bin ich jetzt noch mehr gespannt auf meine Zeit in Seoul und darauf, was mich dort erwarten wird. Sicherlich werden mir vor Ort auch einige Erlebnisse bekannt vorkommen, die die Autorin in ihrem Buch erwähnte. Beispielsweise esse ich nicht so gerne Fleisch und scharfe Gerichte wie sie und ich hoffe, dass ich in Seoul bezüglich dessen keine Schwierigkeiten haben werde. Auffällig beim Lesen ist, dass sich die Autorin oft die Frage „Warum Korea?“ stellt. Sie hat sowohl vor ihrem Aufenthalt als auch währenddessen keine exakte Antwort. Mich hat es fasziniert, dass sie sich, ohne groß darüber nachzudenken, in eine ganz fremde Kultur hineingestürzt hat. Außerdem ist mir aufgefallen, dass sie am Anfang ihrer Reise mehr negative Kritik verübt hat und dies zum Ende hin weniger wurde. Trotz einiger Hürden und Fettnäpfchen hat sie es geschafft, sich zu integrieren.

„Schlaflos in Seoul“ gibt zwar nützliche Ratschläge, es sollte jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich hierbei um ein Reise- bzw. Erfahrungsbericht handelt. Da das Buch lediglich aus der Sicht von Vera Hohleiter geschildert wird und auf ihren persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen beruht, ist stets ein subjektiv geprägtes Bild von Seoul gegeben, welches nicht verallgemeinert werden sollte. Was noch angemerkt werden kann, ist, dass das Buch ausschließlich von Erlebnissen in Seoul handelt. Während meines Auslandssemester in Seoul, werde ich sicherlich die Möglichkeit haben, verschiedene Orte des Landes zu erkunden. Dies ist mir besonders wichtig, da ich mir gerne ein Bild von ganz Südkorea verschaffen möchte. Zudem würde es mich auch sehr interessieren, wie das Leben in den anderen Regionen des Landes ist.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass das Buch eine empfehlenswerte Literatur für diejenigen ist, die sich einen ersten Einblick aus Sicht einer deutschen Protagonistin mit abenteuerlicher Neugier in die koreanische Kultur verschaffen möchten.

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One Response to Buchrezension: Schlaflos in Seoul – Korea für ein Jahr

  1. Anna says:

    Hallo Meltem,

    vielen Dank für deine Rezension. Auch wenn ich selbst nicht nach Südkorea gehen werde, habe ich deine Buchvorstellung gerne gelesen, weil mich diese Art der Lektüre, wie sie die Autorin Vera Hohleiter hier verfasst hat, sehr interessiert. Einen authentischer Reisebericht von einer Person, die selbst einige Zeit in meinem Zielland verbracht hat und aus erster Hand über ihre Erlebnisse berichtet, hätte ich auch gerne für Japan gelesen. Daher kann ich die Wahl deines Buches für den Literaturzirkel gut nachvollziehen. Ich kann mir vorstellen, dass du einige nützliche Tipps daraus ziehen konntest und dir vielleicht sogar ein paar Aspekte, die dir vorher nicht unbedingt klar waren, vor Augen geführt wurden, mit denen du dich vor deiner Abreise noch beschäftigen willst.
    Allerdings übst du ja auch ein wenig Kritik, was ich durchaus nachvollziehen kann. Ein individueller Reisebericht ist natürlich immer subjektiv geprägt und von der Meinung und vor allem auch Herkunft der Autorin eingefärbt. Da Vera Hohleiter aber ebenfalls aus Deutschland kommt, denke ich, dass du wahrscheinliche viele Situationen, zumindest aus kulturellem Kontext, ähnlich empfinden könntest wie sie. Zumindest weißt du jetzt schon ein bisschen genauer, worauf du dich vielleicht einstellen musst (Stichwort: scharfes Essen) und kannst aus den Erfahrungen der Autorin passiv lernen und von ihnen profitieren. Ich persönlich kann mich gut mit dem Charakter der Autorin, wie du ihn beschreibst, identifizieren und ich finde es immer bewundernswert, wenn Menschen den altbekannten und sicheren Alltag hinter sich lassen und sich einfach ins Abendteuer stürzen, um neue Länder und Kulturen kennenzulernen. Dass das nicht immer nur mit angenehmen Erlebnissen zu tun hat, ist etwas, worauf wir uns als Austauschstudenten sicher auch einstellen können. Was mich noch interessieren würde: empfiehlt die Autorin dem Leser, es ihr gleich zu tun und einfach für längere Zeit ins Ausland zu reisen? Du schreibst ja, dass sie sich gut integriert hat, aber wie mir scheint, ist dies auch viel ihrer aufgeschlossenen und abenteuerlustigen Persönlichkeit geschuldet und der Tatsache, dass sie aktiv versucht, ein Teil von Korea zu werden. Sie sagt ja selbst, dass das nur ging, weil sie mehrere Monate dort verbracht hat; ist das etwas, was die Autorin weiterempfiehlt, gerade auch vor dem Hintergrund der persönlichen Weiterentwicklung und der neuen Erfahrungen, die man machen kann, wenn man Altbekanntes hinter sich lässt?

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