Buchrezension zu “Der barfüßige Anwalt” von Chen Guangcheng

Chen Guangcheng – Der barfüßige Anwalt

Details zum Buch

Das Buch “Der barfüßige Anwalt – Ein Bericht aus dem Gefängnis China” von Chen Guangcheng wurde im März 2015 vom Rowohlt Verlag GmbH veröffentlicht. Die Originalausgabe kam 2013 mit dem Titel “The Barefoot Lawyer. A Blind Man´s Fight for Justice and Freedom in China” heraus. Das Buch besitzt insgesamt dreizehn Kapitel, die auf 416 Seiten verteilt sind.

Der Autor

Der Autor Chen Guangcheng wurde 1971 in Dongshigu, einem kleinen Dorf in China geboren. Er ist ein blinder Dissident und Menschenrechtsaktivist. Er wird auch “barfüßiger Anwalt” genannt. Dies sind Personen, die sich für die Rechte der chinesischen Landbevölkerung einsetzen, ohne ein abgeschlossenes Studium in den Rechtswissenschaften zu besitzen. Chen Guangcheng war 2006 auf der Liste der 100 einflussreichsten Menschen des Time-Magazins und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Er erhielt Unterstützung von der Human Rights Watch als auch von Amnesty International. Der Autor lebt heute mit seiner Frau und den zwei Kindern in der Nähe von Washington, D.C.

Der Inhalt

Das Buch beginnt mit der Kindheit des Autors. Er erkrankt mit circa fünf Monaten an Fieber. Seine Eltern hatten jedoch nicht genug Geld, um mit ihm ins Krankenhaus zu gehen und einen Arzt aufzusuchen. Der kleine junge beginnt schlecht zu sehen und verliert schließlich vollkommen sein Augenlicht. In den folgenden Jahren besucht er mit seinen Eltern eine Reihe von Ärzten in ganz China, jedoch konnte ihm keiner mehr helfen und so blieb er schließlich blind. Seine Blindheit gab ihm oft das Gefühl anders als andere Linder zu sein. Als seine Freund mit sechs und sieben begannen zur Schule zu gehen, kommt keiner auf die Idee auch ihn dorthin zu schicken. Da Chen Guangcheng jedoch neugierig und wissbegierig was, setze er sich oft auf die Treppe vor der Klasse um zu lauschen. Er belästigte oft die Menschen in seiner Umgebung mit Fragen, um möglichst viele Informationen  zu erhalten. Der Junge stieß jedoch oft auf Vorurteile.  Sein Vater las ihm oft aus Volksmärchen und klassischen Werken der chinesischen Literatur vor. Dadurch lernte er was richtig und gerecht war. Da er keine Schulbildung erhielt, blieb er von der Propaganda verschont. Für seinen Vater spielte es keine Rolle, dass er blind war, er musste immer alles tun, was die Anderen auch taten. Mit 17 begann er zur Blindenschule zu gehen und wurde schnell Schülervertreter. Er machte die Verwaltung auf Probleme der Schüler aufmerksam und wandte sich an unterschiedliche Institutionen, um Veränderungen herbeizuführen.

Auch weitere Ungerechtigkeiten die gegen ihn und gegen Bekannte versuchte er aufzuklären und zu unterbinden. Immer wieder stieß er gegen Widerstände und wurde von Parteimitgliedern mit Gewalt versucht daran zu hindern, Missstände aufzuklären und für die Gerechtigkeit zu kämpfen. Chen Guangcheng interessiert sich zunehmend für Rechtsangelegenheiten und Gesetze und wird dadurch zu einem Art Rechtsexperten für die ländliche Bevölkerung. Er setze sich für das Behindertenschutzgesetz und gegen die gewaltsame Ein-Kind-Politik ein. Diese Einsätze wurden regelmäßig mit Verhören, Hausarrest und Schlägen bestraft.

Chen Guangcheng nutzt die nationalen und internationalen Medien, um auf Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen. Dies machte ihn in den Augen der Parte zum Staatsfeind, so dass er nach einer unrechtmäßigen Verhandlung verurteil und ins Gefängnis gesperrt wird. Nach der  mehr als vierjährigen Haft, wird er und seine Familie zu einem Hausarrest gezwungen. Sein Haus wird vollkommen von Sicherheitsleuten und Videokameras überwacht. Die Situation wird zu schlimm, dass er sich zu einer scheinbar unmöglichen Flucht entschließt. Schließlich gelingt ihm dies und er flüchtet in die amerikanische Botschaft in Peking, wo er hofft Hilfe zu erhalten. Nach kräftezerrenden Verhandlungen zwischen der amerikanischen und der chinesischen Regierung durfen Chen Guangcheng und seine Familie schließlich nach Amerika ausreisen.

Fazit

Das Buch “Der barfüßige Anwalt” ist in einer leicht verständlichen Sprache geschrieben und gut zu folgen. Das Schicksal des blinden Chen Guangcheng berührt und verängstigt einen gleichermaßen. Es ist unvorstellbar was dem Menschenrechtsaktivsten angetan wurde, aber gleichzeitig sehr faszinierend, wie der einfache Bauernsohn zu einem Symbol wird und unermüdlich für Gerechtigkeit kämpft. Selbst die scheinbar unüberbrückbarsten Widerstände scheinen kein Hindernis für Chen Guangcheng zu sein. Er besitze eine erstaunliche Persönlichkeit, die fasziniert und auch inspirierend ist. Das Buch ist in meinen Augen absolut empfehlens- und lesenswert.

 

 

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3 Responses to Buchrezension zu “Der barfüßige Anwalt” von Chen Guangcheng

  1. spaetkaroline says:

    Hallo liebe Sylvia,

    vorab erst mal vielen Dank für deine ausführliche Rezension!

    Schon beim Lesen des Titels wurde mein Interesse geweckt. „Der barfüßige Anwalt – ein Bericht aus dem Gefängnis China“ – mit der Bezeichnung „Gefängnis China“ sind im Allgemeinen ja schon sehr starke negative Assoziationen verbunden, allerdings konnte ich mir unter der Beschreibung „barfüßiger Anwalt“ eher wenig vorstellen. Umso spannender ist deine Erklärung, dass es sich um eine Person handelt, die sich für Menschenrecht einsetzt, ohne selbst einen juristischen Abschluss zu besitzen.

    Auch ist interessant, dass es sich um ein autobiographisches Werk handelt, was dem Geschehen natürlich etwas Authentisches aber auch Bewundernswertes verleiht.
    Besonders der Protagonist scheint eine extrem beeindruckende Persönlichkeit zu sein. Er beweist viel Stärke und Mut trotz seines sehr schwierigen Starts ins Leben, mit dem Verlust seiner Sehkraft. Dazu tragen vor allem seine Wissbegierde und sein Gerechtigkeitssinn bei, der durch die Erzählungen seines Vaters ausgebildet wurde.
    Die Position als Schülervertreter gibt schon in jungen Jahre Hinweise auf seine spätere Rolle als Repräsentant des ländlichen Volkes, der sich für die Bedürfnisse der Menschen einsetzt, obwohl er immer wieder auf erhebliche Widerstände stößt.
    Zuletzt gelingt es ihm auch seine eigenen Rechte, mit der Flucht in die Amerikanische Botschaft und den dort stattfindenden kräftezehrenden Verhandlungen, einzufordern.

  2. alexanderrautzenberg says:

    Hallo Sylvia,
    ich danke Dir für die Rezension zu „Der barfüßige Anwalt“. Die auf wahren Begebenheiten beruhende Geschichte von Chen Guangcheng hat mich sehr beeindruckt. Es ist erstaunlich und lobenswert, dass sich ein Mann trotz eigener Behinderung für die Rechte anderer Personen so stark einsetzt. Chen Guangcheng scheint es sich als Lebensaufgabe gemacht zu haben gegen das Behindertenschutzgesetz und die gewaltsame Ein-Kind-Politik vorzugehen. Zusätzlich schafft er es durch das nachträglich verfasste Buch auf die Missstände gegenüber den Menschenrechtsaktivisten aufmerksam zu machen.Für uns ist es im Westen unvorstellbar was Menschenrechtsaktivisten angetan wurde bzw. angetan wird. Aus diesem Grund habe ich auch sehr großen Respekt davor wie selbstlos manche Menschen dagegen vorgehen und sich trotz Verhören, Hausarrest und Schlägen nicht aufhalten lassen.

    Insgesamt gesehen handelt es sich um eine sehr traurige Geschichte aus der ärmeren Schicht in China. Bereits zu Beginn bekommt der Autor großes Mitleid vom Leser, durch den Verlust seines Augenlichtes. Zusätzlich ist es sehr bemitleidenswert, dass es ihm nicht ermöglicht wird eine Schule zu besuchen.
    Deine Rezension hat mir sehr gut gefallen. Bis heute war mir die Geschichte von Chen Guangcheng leider unbekannt, obwohl es zum Zeitpunkt der Flucht Chens zu einem großen Medienaufruhr gekommen ist.

  3. SchumannAngelika says:

    Liebe Sylvia,

    vielen Dank für deine Rezension zum Buch “Der barfüßige Anwalt” von dem chinesischen Autoren Chen Guangcheng. Dieses autobiographische Werk klingt wirklich sehr spannend. Ich bin sehr beeindruckt von der Stärke, dem Mut und der Ausdauer der Hauptfigur.

    Die Tatsache, dass er blind ist und bleiben wird, scheint ihn nicht daran zu hindern, sich für Menschenrechte und gegen Ungerechtigkeiten innerhalb seines Landes einzusetzen. Da das Buch mit seiner Kindheit beginnt, kann man sehen, dass dieser ehrwürdige Charakter sich schon sehr früh entwickelt hat, vielleicht auch auf Grund der Tatsache, dass er nicht zur Schule gehen durfte bzw. konnte und er sich so der Propoganda entziehen konnte. Aufgrund seines starken Gerechtigkeitssinn konnte er wirklich viel in China erreichen und hat nicht nur nationale, sondern auch internationale Aufmerksamkeit erlangt. Das find ich besonders imponierend und faszinierend, dass ein einfacher chinesischer (noch zudem blinder) Mann so etwas erreichen kann. Obwohl er bereits im Gefängnis war und Hausarrest hatte, lässt er sich nicht unterkriegen und er schafft es sogar zu fliehen.

    Alles in allem, scheint dies ein wirklich lesenswertes Buch zu sein. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass diese Geschichte verfilmt wird. Es wirkt so, als wolle ein Blinder seinem Heimatland China die Augen öffnen. Ein wirklich auf der einen Seite erschütterndes Buch, aber auf der anderen Seite gibt es einem Hoffnung, dass man etwas gegen die Ungerechtigkeit tun kann, wenn man kämpft.
    Ich bin gespannt wie du China, die Politik und Kultur erleben wirst.

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