Buchrezension zu “Fallende Blätter” von Thuvaraga Thuraisingam

Adeline Yen Mah – Fallende Blätter

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Details zum Buch:

„Fallende Blätter – Die wahre Geschichte einer ungeliebten chinesischen Tochter“ von der Schriftstellerin Adeline Yen Mah ist ein autobiographischer Roman. Das Schriftstück trägt in der Originalausgabe den Titel „Falling Leaves. The true Story of an Unwanted Chinese Daughter. 1997 wurde diese von John Wiley & Sons in Englischer Sprache herausgebracht. Die deutsche Ausgabe wurde vom Diana Verlag im Jahre 1999 herausgebracht.
Das Buch umfasst insgesamt 319 Seiten und ist in 32 Kapitel gegliedert. Die Kapitel tragen poetische Titel, die durch den Sprachschatz fernöstlicher Weisheit tiefe Wahrheiten beinhalten. Als Beispiele hierfür seien nur einige genannt: “”Herzen zerfallen zu Asche””, “”Erzeuge keine Wellen, wo kein Wind weht””…

Die Autorin

Adeline Yen Mah (chinesisch 馬嚴君玲, Pinyin Mǎ Yán Jūnlíng) wurde am 30. November 1937 in Tianjin, Republik China geboren. Sie ist eine chinesisch-amerikanische Schriftstellerin und Ärztin. Nach dem kommerziellen Erfolg ihres ersten Romans „Fallende Blätter“, in 1997 entschloss sie sich ihre ärztliche Tätigkeit aufzugeben und ihre Leidenschaft zu schreiben zum Beruf zu machen. „Chinese Cinderella“ war ihr zweiter Roman, welches von der Children’s Literature Council of Southern California in 2000 für Compelling Autobiography sowie mit dem Lamplighter’s Award von der National Christian School Association in 2002 für Contribution to Exceptional Children’s Literature ausgezeichnet wurde. Danach veröffentlichte sie zwei weitere Romane: „Watching the Tree“ und „A Thousand Pieces of Gold.“
Zudem ist Adeline die Gründerin sowie Präsidentin der „Falling leaves foundation“, welches das Ziel verfolgt die Begegnung zwischen Ost und West zu fördern. Zudem hat sie die Webseite ChineseCharacterADay.com ins Leben gerufen, auf der man online kostenfrei chinesisch lernen kann.

Inhalt

„Fallende Blätter“ handelt von den Lebenserinnerungen der Autorin. Geboren wurde sie 1937 in Tientsin als viertes Kind einer wohlhabenden Familie. Zwei Wochen nach ihrer Geburt stirbt ihre Mutter an Kinderbettfieber. Über diesen Verlust kann ihr Vater nur schwer hinwegkommen und beschuldigt Adeline für den Tod ihrer Mutter. Schon bald verfällt ihr Vater der schönen und selbstsüchtigen Jeanne; die Tochter eines Franzosen und einer Chinesin, welche er alsbald auch heiratet. Das neue Familienmitglied, ihre neue Mutter, welche sie fortan als Niang (chinesisch für Stiefmutter) anreden muss, wird die Strippenzieherin für Adelines grausame Kindheit. Von nun an hält Adelines Stiefmutter das Zepter in der Hand. Adelines Vater und Niang haben zwei gemeinsame Kinder, Franklin und Susan. Die vier Kinder aus erster Ehe lehnt sie ab. Sie beraubt die Kinder ihrer chinesischen Namen und ersetzt diese durch englische. Physisch und psychisch leiden die Kinder unter der totalitäre Regierung ihrer Niang. Sadistisch und mit eiserner Härte herrscht sie über die Kinder. Sie entzweit die Familie in zwei Klassen: Sie, ihr Ehemann und ihre gemeinsamen Kinder Franklin und Susan gehören zu der privilegierten Klasse, der Rest zu der zweiten. Trotz des Wohlstands werden den Bewohnern der zweiten Klasse grundlegende Bedürfnisse verwehrt. Das zuvor aus abwechslungsreichen und wohlschmeckenden Lebensmittel bestehende Frühstück wurde durch congee ersetzt. Ein dünner Brei aus Reis und Wasser. Außer ihrer Schuluniform erhalten sie keine andere Kleidung, mussten den Schulweg der 12 Kilometer umfasste zu Fuß zurücklegen. Die Gewährung von Fahrgeld, um zur Schule mit der Straßenbahn zu fahren, erfolgte lediglich wenn jeder Jeanne höflich um diese bittet. Dadurch setzt sie das Zeichen, dass sie die einstige Macht ihres Schwiegervaters übernommen hat und das neue Familienoberhaupt ist. Auch durchbricht sie die Bindungen der Geschwister und bringt sie gegeneinander auf. Besonders Adeline muss unter den physischen und psychischen Misshandlungen leiden. Niang hält die Geschwister nicht davon ab und sieht zu, wie ihre Stieftochter erniedrigt wird. Jeanne kann ihren Einfluss bis zu ihrem Tod aufrechterhalten. Sie bringt ihren Ehemann dazu Adeline mit einer Hundepeitsche zu disziplinieren. Trotzdem kämpft Adeline bis zu dem Tod ihrer Eltern um ihre Anerkennung. Auch ihre verzweifelten Versuche durch ihre exzellenten schulischen Leistungen die Liebe ihrer Eltern zu gewinnen, scheitern. Lediglich ihre Tante Baba unterstützt das kleine Mädchen. Sie ist sich sicher, dass Adelines Chancen für ein glückliches Leben einzig in einer guten Ausbildung liegen. Adeline wächst zu einer fleißigen Musterschülerin heran, ihre Leistungen werden durch Preise ausgezeichnet. Als sie ein international ausgeschriebenen Schreib -Wettbewerb für ein Theaterstück gewinnt ändert sich ihr Leben. Ihr Vater beschließt Adeline nach England zu schicken, damit sie Medizin studieren kann. Nach dem Abschluss wird sie praktizierende Ärztin in den Vereinigten Staaten. Dort lernt sie ihren Ehemann Bryon kennen mit dem sie ihren Sohn Roger bekommt. Als diese Ehe scheitert kann sie jedoch mit ihrem zweiten Ehemann Bob wahres Glück finden. Die Liebe und Anerkennung ihrer Familie werden ihr allerdings bis zum Ende nicht gewährt, dies erreicht ihren Höhepunkt in der Testamentsverkündung. Adeline erbt nichts – nun hat sie auch auf einem Dokument die Bestätigung nicht zur Familie zu gehören.

Fazit:

Der biographische Roman schildert eine inspirierende Geschichte einer starken Frau, die trotz ihrer grausamen Kindheit zu einer selbständigen Frau heranwächst. Ihre Vergangenheit ermuntert den Leser für seine Ideale und Ziele zu kämpfen. Als Westler mag man schnell bei der Sache sein und die Lebensgeschichte der Adeline Yen Mah als fiktiv abstempeln. Jedoch sind solche Schicksale auch heute, immer noch an der Tagesordnung in der chinesischen Gesellschaft. Es sind gerade die negativen Aspekte die eine Gesellschaft stets versucht zu leugnen. Meiner Meinung nach ist es notwendig einen ganzheitlichen Eindruck der Kultur zu generieren, um eine interkulturelle Kompetenz zu erlangen. Dies schließt auch die Schattenseiten einer Gesellschaft mit ein. Aus diesem Grund finde ich den biographischen Roman als lesenswert, da die Geschehnisse auf wahre Begebenheiten beruhen.
Die Autorin beschreibt nicht nur ihre Erlebnisse, sondern verknüpft ihre Familiengeschichte geschickt mit den geschichtlichen Geschehnissen in China, die von 1886 bis 1979 (Mao Zedongs Tod) reichen. Das Leben aller Familienmitglieder wird in dieser Zeit kurz zurückgegeben. Dies ist ein weiterer positiver Aspekt des Buches, da dem Leser die Möglichkeit dargeboten wird sowohl den Alltag chinesischer Familien in den verschiedenen politischen Situationen als auch die politische Vergangenheit Chinas kennenzulernen.
Herauszustellen ist ihre realitätsnahe und gefühlvolle Erzählung ihrer eigenen Vergangenheit, welches viel Mitgefühl für sie selbst weckt. Auffällig ist, dass sie im Buch durchgehend einen einfachen Wortschatz wählt und weitestgehend auf stilistische Mittel verzichtet. Trotzdem oder auch gerade aufgrund der simplen Ausdrucksweise werden ausdrucksstarke Emotionen ausgelöst. Der Leser kann sich mit der Autorin identifizieren und möchte Adeline vor dem Hass der Familie beschützen, jedoch ist man genauso machtlos wie sie selbst.
Alles in allem würde ich dieses Buch für diejenigen empfehlen, die eine authentische, mitreißende sowie melancholische Geschichte über ein Schicksal einer chinesischen Frau lesen möchten.

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2 Responses to Buchrezension zu “Fallende Blätter” von Thuvaraga Thuraisingam

  1. HoisSylvia says:

    Liebe Thuva,

    vielen Dank für deine gelungene Rezension. Du hast dir wie ich ein autobiografisches Buch ausgesucht. Ich finde, dass ein Roman nach einer wahren Begebenheit immer besonders spannend ist. Vor allem weil die Hauptfigur in diesem Buch eine Art modernes Märchen mit happy end erlebt.
    Die Hauptfigur wird während ihrer Kindheit von ihrem Vater und ihrer Stiefmutter misshandelt und gedemütigt. Trotzdem sucht sie die Anerkennung ihrer Eltern indem sie versucht eine besonders gute Schülerin zu sein. Ein Erlebnis verändert schließlich ihr ganzes Leben. Nachdem sie ein Wettbewerb gewonnen hat, wird sie zum studieren nach Europa geschickt. Letztendlich findet sie ihr Glück weit weg von ihrer Heimat in Form einer eigenen Familie.
    Das Thema Bildung spielt im asiatischen Raum eine große Rolle und wird in vielen Romanen erwähnt. In diesem Fall ist sie sogar der Ausweg aus einer schrecklichen Kindheit. Eine gute Bildung hilft der Figur ein besseres Leben führen und einem traurigen Schicksal entkommen zu können. Dies finde ich besonders spannend und bewundernswert.
    Außerdem finde ich interessant, dass nicht nur das Schicksal der Hauptfigur im Mittelpunkt steht, sondern auch die Geschichte Chinas thematisiert wird.
    Alles in allem wirkt das Buch dank deiner Rezension sehr lesenswert!

  2. spaetkaroline says:

    Hallo liebe Thuvaraga,

    zuerst einmal vielen Dank für deine Rezension!

    Du scheinst einen lesenswerten Roman ausgewählt zu haben. Besonders gefällt mir dass es sich um eine autobiographische Geschichte handelt, die eine wahre Begebenheit erzählt und somit sehr authentisch ist.

    Ich denke das Schicksal der Autorin ist erschreckend und beeindruckend zugleich. Zum einen ist es kaum vorstellbar, dass ein Kind, das nur beschränkte Möglichkeiten hat sich zu wehren solchen Strapazen ausgesetzt sein muss. Noch viel trauriger ist, dass diese Zustände initiiert durch ihre Eltern bzw. ihre Stiefmutter bestehen, obwohl diese eigentlich dafür zuständig sein sollten für ihr Wohl zu sorgen und sie zu beschützen.

    Umso beeindruckender ist es, dass es ihr trotzdem gelingt ihre Schulausbildung mit sehr guten Leistungen abzuschließen, was ihr eine vielversprechende Zukunft ermöglichte, die sie selbst mitgestalten kann. Es ist besonders inspirierend, dass die Autorin mit so jungen Jahren so viel stärke mit sich bringt um ihrer schrecklichen Kindheit standzuhalten und daran nicht zerbricht, sondern alles dafür tut um ihre Situation zu verbessern.

    Besonders spannend ist hier, dass sie trotz allem versucht die Anerkennung ihrer Familie zu erhalten, was ihr leider nicht gelingt und den Eindruck hinterlässt, dass ihre Kindheit deutliche Spuren bei ihr hinterlassen hat.

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