China – Ein Länderporträt

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Informationen zum Buch

Titel: China – Ein Länderporträt
Autor: Marcus Hernig
Erschienen: März 2014 (3. Auflage)
Umfang: 224 Seiten
Verlag: Christoph Links Verlag, Berlin
Sprache: Deutsch
Sachgruppe: Sachbuch: Kultur, Gesellschaft
ISBN: 978-3-86153-689-5
Preis: 16,90 €

 

Ãœber den Autor

Marcus Hernig, geboren im Jahre 1968, ist promovierter Sinologe, Publizist und Buchautor. Er schreibt Sachbücher rund um das Thema China und trägt die Inhalte auf Seminaren und Fortbildungen vor. Seit über zwanzig Jahren lebt und arbeitet er in Deutschland und China. Sein Studium der Sinologie, Germanistik und Geschichte schloss er in Bochum und Nanjing ab. Im Jahre 1992 reiste Hernig zum ersten Mal im Rahmen eines Stipendiums des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) nach China. Seit 1998 lebt er in Shanghai, wo er lange Zeit als Lektor des DAAD an der Tongji-Universität und als Beauftragter des deutschen Generalkonsulats in Shanghai für Bildungszusammenarbeit, deutsche Sprache und Literatur tätig gewesen ist. Hernig ist seit 2011 Leiter des Goethe-Institut Villa Kamogawa Kyoto (Japan). Er ist noch heute als Gastprofessor für Moderne China-Studien an der Tongji-Universität Shanghai und der Zhejiang-Universität Hangzhou, sowie als Berater und Trainer für internationale Unternehmen zur chinesischen Kultur und ostasiatischen Beziehungen tätig.

Motivation

Bei meiner Bewerbung für das ASBE Programm war mir sofort klar, wo es für mich hingehen soll: in das Reich der Mitte. Mit China assoziieren die meisten Menschen gleich zwei ausdrucksstarke Begriffe: Wirtschaftsmacht und Zukunft. So interessiert ich an diesem faszinierenden Land schon immer gewesen bin, so wenig weiß ich im Grunde darüber. Daher war es mir besonders wichtig ein Buch zu finden, dass mir einen tieferen Einblick in die älteste Kultur der Weltgeschichte gewährt, ohne sich dabei üblicher Stereotype und Klischees zu bedienen. So bin ich bei meiner Suche auf das Buch „China – Ein Länderporträt“ von Marcus Hernig gestoßen. Dabei handelt es sich um ein Sachbuch, gleichzeitig aber auch um einen persönlichen Erfahrungsbericht Hernigs, der sich nicht nur bereits sein halbes Leben mit China und Asien beschäftigt, sondern die Menschen auch Vorort selbst erlebt. Durch die Vielfältigkeit an Themen, die von der Politik und Geschichte Chinas bis hin zur Kultur reichen, ist dieses Buch genau das Richtige für mich.

Aufbau und Inhalt

Das Buch „China – Ein Länderporträt“ ist in acht Abschnitte unterteilt, in denen der Autor jeweils verschiedene Themen aus der Perspektive eines Ausländers schildert. Dabei berichtet er immer wieder von persönlichen Erlebnissen und schafft Vergleiche zum Westen.

Im ersten Kapitel „Laowai – Ausländer“ greift Hernig kulturelle Unterschiede zwischen West und Ost auf. In China ist es üblich und nicht unhöflich, Ausländer auch direkt als solche zu betiteln. Ein laowai wird in China immer ein laowai bleiben, selbst dann, wenn er offiziell die chinesische Staatsbürgerschaft annimmt. So gestaltet es sich schwierig, wirkliche Freundschaften zu Einheimischen aufzubauen; der Kontakt geht in den meisten Fällen nicht über das Geschäftliche hinaus. Doch das heißt nicht, dass Ausländer in China nicht wertgeschätzt werden; besonders die „echten“ laowai aus Europa und Amerika genießen hohes Ansehen.

Das zweite Kapitel „Baixing – Inländer“ befasst sich mit zwischenmenschlichen Beziehungen und der Lebensanschauung in China. Diese richtet sich nach dem Harmonieprinzip, das besagt, dass man in der Vereinigung von Gegensätzen Glück und Harmonie findet. Im Zusammenhang mit der „Lehre der fünf Beziehungen“ nach Konfuzius geht der Autor auch auf die Ein-Kind-Politik ein. Aber auch die Einstellung zu Religion und ethnischen Minderheiten, wie den Uighuren in Xinjiang, den Tibeter und den Taiwanern, werden in diesem Kapitel aufgegriffen. An dieser Stelle thematisiert Hernig das Prinzip des „Großen Gleichen mit kleinen Unterschieden“.

Kapitel 3 befasst sich mit der Geschichte und Politik Chinas und stellte sich für mich überraschenderweise als eins der interessantesten heraus. Hernig beschreibt hier sehr detailliert Chinas uralte Geschichte von den archaischen Dynastien über den Opiumkrieg und die drei großen kulturellen Revolutionsphasen bis hin zur Gründung der Volksrepublik China am 1. Oktober 1949 unter Mao Zedong. In diesem Zusammenhang wird auch der wichtige Einfluss der ausländischen Nationen auf die Entwicklung Chinas thematisiert. Hier schafft es Hernig, Politik und Geschichte auf  spannende Weise miteinander zu verknüpfen und passende Vergleiche zum Westen zu schaffen.

Das vierte Kapitel widmet sich mit der Bildung in China einem sehr aktuellen Thema. In diesem Abschnitt wird der Unterschied zur westlichen Kultur sehr deutlich. So arbeiten die Eltern hart, um die Bildung der Kinder finanzieren zu können, während die Kinder versuchen, dem Leistungsdruck stand zu halten. Dabei haben sie es alles andere als leicht: Überfüllte Klassen, Unterricht bis in die Abendstunden und täglich Unmengen an Hausaufgaben. Immer das Ziel, die gefürchtete Hochschulaufnahmeprüfung (gaokao), vor Augen. Denn diese entscheidet über die Zukunft der Kinder. Prüfungen und Wettbewerb bestimmen das Leben der Kinder von klein auf.

„Caishen – Der Geldgott“ so der Titel des fünften Kapitels, befasst sich mit dem Umgang mit und der Einstellung zu Geld in China. Das Prinzip von Maß und Mitte spiegelt sich auch in diesem Kapitel wieder. So sind Chinesen Weltmeister im Sparen und leben im Durchschnitt weit unter ihren Verhältnissen. Sie geben ihr Angespartes daher nur wohlüberlegt aus, vorrangig für Bildung, Immobilien und Autos. Andererseits versuchen sie vermehrt durch Glücksspiele oder der Investition in Aktien reich zu werden.

Das sechste Kapitel handelt von Speis und Trank in China. Chinesen sind wahre Genießer und sehen chufang nicht bloß als Grundbedürfnis des Menschen an. Jedoch führten hohe Ansprüche und eine steigende Nachfrage in den letzten Jahren zu Lebensmittelskandalen, wie Vergiftungen und vermehrten Krebserkrankungen. Auf der anderen Seite stehen in China Essen und Gesundheit in enger Verbindung zueinander: So wird die Küche traditionell auch für die Zubereitung von Medizin in Form von heilenden Kräutern genutzt.

Kapitel 7 stellt für mich das interessanteste Kapitel dar, da es die Problematik der extremen Kluft zwischen Land und Stadt, und damit zwischen Arm und Reich, aufgreift. Die Landbewohner im Norden Shaanxis wohnen in Höhlenwohnungen und rechnen noch immer nach den Mondphasen. Bildung und angemessen bezahlte Arbeit gibt es nur in der Stadt. Doch die Urbanisierung und zunehmende Anzahl an Touristen auf dem Land bieten eine Chance, das Ungleichgewicht zukünftig zu verringern.

Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit Chinas Metropolen und der Urbanisierung des Landes. Hernig stellt die beiden Metropolen Shanghai und Peking gegenüber. Obwohl Shanghai als Stadt der Superlative und Leitbild für Chinas Fortschritt gilt, nehmen Einheimische sie nicht als das „richtige“ China wahr. Dies trifft eher auf die Hauptstadt Peking zu, welche wiederum durch starke Gegensätzen zwischen Moderne und Tradition gekennzeichnet ist.

Fazit

In dem Buch „China – Ein Länderporträt“ von Marcus Hernig geht es weder um Sehenswürdigkeiten noch um Reisetipps, sondern vielmehr um eine mit Fakten untermauerte Schilderung der chinesischen Geschichte und Kultur. Hernig gelingt es in seinem Buch besonders gut, eine Verbindung zwischen Sachbuch und Erfahrungsbericht zu schaffen. So verknüpft er auf spannende Art und Weise die drei zentrale Themen Geschichte, Politik und Kultur miteinander. Dabei bleibt er stets sachlich und hält sich von jeglichen Klischees und Halbwahrheiten fern. Der Wechsel zwischen den unterschiedlichen Themen ließ keine Langeweile aufkommen. Die Verwendung von chinesischen Wörtern im Text hat mir persönlich gut gefallen, jedoch kann ich mir vorstellen, dass jemand ohne Chinesisch-Kenntnissees das Nachschlagen im beigefügten Glossar lästig findet. Ich hätte mir zudem gewünscht, dass Hernig weniger über die Essenskultur berichtet, dafür aber dem Thema Umwelt ein eigenes Kapitel gewidmet hätte. In Anbetracht dessen, dass das Buch 2014 erschienen ist und Umwelt in China ein hochaktuelles und interessantes Thema darstellt, hätte ich mir persönlich mehr als nur drei Seiten dazu erhofft.

Alles in allem kann ich das Buch jedem empfehlen, der nach einem Einstieg in die chinesische Kultur und Geschichte sucht. Das Buch ist sowohl informativ als auch unterhaltsam und verschafft dem Leser einen guten Überblick. Es eignet sich hervorragend als erste Annäherung an China, womit meine Erwartungen an das Buch definitiv erfüllt wurden.

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3 Responses to China – Ein Länderporträt

  1. KrauseFlorian says:

    Hallo Christina,
    mein erster Gedanke zu dem Buchtitel und der kurzen Ãœbersicht ist an dem Begriff ‘Sachbuch’ hängen geblieben. Ich habe mir direkt Sorgen gemacht, ob es sich dabei nicht um ein zu trocken formuliertes und zu akademisch gebliebenes Werk handeln könnte. Daher war ich recht positiv überrascht, dass du es als eine gelungene Kombination aus Sachbuch und Erfahrungsbericht wahrgenommen hast. Dementsprechend sind die Themengebiete in den Kapiteln wirklich interessant, da es sich bei der chinesischen Kultur auch bei mir um einen unbekannten Raum handelt.
    Mich interessieren besonders drei Themen des Buches: Laowai, das Bildungssystem und die Kluft zwischen Stadt und Land. Während ich von ehemaligen Austauschstudenten aus Japan gehört habe, dass Ausländer dort nur bedingt akzeptiert werden, scheint es mir in China eine zumnindest etwas offenere Kultur zu geben. Dies könnte gut mit dem enormen Wirtschaftswachstum und der zahlreichen Kooperationen mit internationalen Unternehmen innerhalb der letzten Jahre zusammenhängen. Das Bildungssystem Chinas mit seiner Härte und geforderten Disziplin habe ich bereits im Gespräch mit chinesischen Freunden kennengelernt. Als Wirtschaftspädagoge lassen mich diese Methoden doch eher zweifeln und ich bin sehr gespannt, was hier die Zukunft bringen wird. Das dritte Thema der Stadt-Land Schieflage hast du mit dem Beispiel der Mondphasen genau auf den Punkt getroffen! Ob es irgendwann einen Trend geben wird, dass die Menschen von den Städten mit all ihrer Luftverschmutzung wieder auf das Land zurückkehren werden?
    Generell hast du ebenso wie der Autor deines Buches sachlich und unterhaltsam geschrieben – Vielen Dank!

  2. SchumannAngelika says:

    Liebe Christina

    Vielen Dank für deine sehr aufschlussreiche Rezension. Obwohl ich nicht bei deiner Präsentation dabei sein konnte, habe ich dank deiner Rezension eine Idee und einen sehr guten Überblick über den Buchinhalt gewinnen können.

    Zuerst ist mir positiv aufgefallen, dass der deutsche Autor Marcus Hernig viele Jahre selbst in China gelebt hat und als promovierter Sinologe ein China-Experte ist. Sehr interessant finde ich deine Wahl, da es sich um ein Sachbuch handelt, das scheinbar die perfekte Verbindung zwischen Sachbuch und Erfahrungsbericht darstellt.
    Acht Abschnitte, in denen jeweils ein anderes Thema bezüglich der chinesischen Politik, Geschichte und Kultur dargestellt wird, diesen Aufbau empfinde ich als gelungen. Vor allem interessiert mich die Thematik “Laowai”, wie Chinesen mit Ausländern umgehen. Scheinbar ist es in China nicht unhöflich einen Ausländer als solchen zu bezeichnen und dass ein solcher selbst nach Erhalt der chinesischen Staatsbürgerschaft weiterhin als ein Ausländer gesehen wird, war sehr interessant für mich zu erfahren. Gerne würde ich mehr über die Thematik erfahren. Die anderen Themen scheinen ebenfalls sehr spannend und mein Interesse für das Buch ist definitiv geweckt. Auch wenn es für mich (ohne Chinesisch-Kenntnisse) vermutlich schwieriger wird das Buch zu lesen, da ich die meisten Wörter nachschlagen müsste.

    Interessant wäre es zu wissen, ob du die gelesenen Aspekte im kommenden Wintersemester ähnlich in China erleben wirst. Des Weiteren würde ich mich sehr freuen, wenn du nach bzw. gerne auch während deines Austauschsemesters berichten könntest, wie du die Kultur erlebt hast und ob dir das Lesen des Buches geholfen hat dich auf China einzustellen. Vielleicht kannst du dann selbst etwas zu der Umwelt-Thematik berichten.

  3. spaetkaroline says:

    Hallo liebe Christina,
    zunächst erstmal vielen Dank für deine Rezension!
    Dein ausgewähltes Buch scheint eine gelungene Kombination aus informativem Sachbuch und unterhaltsamen Erfahrungsbericht darzustellen. Anhand deiner Rezension würde ich es als sehr lesenswert bewerten, vor allem im Hinblick darauf einen Einstieg in die chinesische Geschichte, Politik und Kultur zu bieten.
    Die Aufteilung der einzelnen Kapitel finde ich hier sehr gut gewählt und auch der Umfang der darin behandelten Themen scheint sehr angemessen zu sein für die Vorbereitung eines Auslandsaufenthalts in China.
    Besonders interessant finde ich die Stellung und der schwierige Zugang der Ausländer in China. Wir werden uns wahrscheinlich in einer ähnlichen Situation befinden und dementsprechend ist es gut darauf vorbereitet zu sein als Ausländer oder „Laowai“ bezeichnet zu werden. Nichtsdestotrotz denke ich, dass hier vor allem in den chinesischen Metropolen eine Entwicklung stattfindet.
    Ebenso wie du finde ich die chinesische Geschichte extrem interessant, da es hier eine Unmenge zu erfahren gibt. Es scheint so, als ob es dem Autor besonders gut gelungen ist diese zu beschreiben und auch Vergleiche zu ausländischen Nationen aufweist.
    Zusammenfassend denke ich, dass das Lesen dieses Buches zur Vorbereitung auf den Auslandsaufenthalt sehr fördernd sein könnte, dazu trägt vor allem auch bei, dass der Schreibstiel von dir als sachlich und frei von Klischees beschrieben wird.

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