Madame Zhou und der Fahrradfriseur: Auf den Spuren des chinesischen Wunders.

Madame Zhou und der Fahrradfriseur: Auf den Spuren des chinesischen Wunders.

Von Landolf Scherzer

Buchrezension von Anna Krebel im Rahmen des Literaturforums des ASBE Programms.

KurzinformationRTEmagicC_Madame_Zhou_01.jpg

Autor:                           Landolf Scherzer

Erscheinungsjahr:       2013

Taschenbuch:              368 Seiten

Verlag:                        Aufbau Taschenbuch

Sprache:                      Deutsch

ISBN:                          978-3-7466-7106-2

Preis:                           9.99 €

Autorlandolfscherzer

Landolf Scherzer wurde 1941 in Dresden geboren. Von 1962 bis 1965 studierte er an der Fakultät für Journalistik in Leipzig. Jedoch wurde er wegen seiner kritischen Reportagen exmatrikuliert. Bis 1975 war er Redakteur bei der Zeitung „Freies Wort“ in Suhl. Seitdem ist er freier Schriftsteller in Thüringen.

Er schreibt bevorzugt die literarischen Reportagen, veröffentlichte zahlreiche Beiträge in insgesamt zehn Anthologien, aber auch Hörspiele und Theaterstücke. In vieldiskutierten literarischen Reportagen wie “Der Zweite”, “Der Letzte”, “Die Fremden” und “Der Grenz-Gänger” spiegelte er gegenwärtige Probleme kritisch und gleichzeitig unvoreingenommen wider.

Motivation

Vor einem Jahr hätte ich nie daran gedacht, dass ich jemals etwas mit China zu tun haben werde. Doch kurzentschlossen bewarb ich mich für das ASBE-Programm und bekam eine Zusage für ein Auslandsemester in Peking. Nun muss ich mich in kurzer Zeit mit dem unbekannten und exotischen Land auseinandersetzen, um mich mehr oder weniger auf einen längeren Aufenthalt dort vorzubereiten. Zum ersten Auseinandersetzen mit dem Land und Leuten, bietet das Literaturforum eine gute Gelegenheit, durch die Wahl des entsprechenden Buches.

Man hört so vieles über China und weiß doch gar nichts über dieses Land. Deshalb war ich auf der Suche nach einem Buch, welches mir einen ersten Eindruck über das Land, die Kultur, das Leben der Einheimischen und der Ausländer dort vermittelt. Das Buch von L. Scherzer „Madame Zhou und der Fahrradfriseur“ passte sehr gut dazu, da es um eine Reise des Autors in die Hauptstadt Peking geht. In dieser Stadt verbringe ich auch mein Auslandssemester. So kann ich mehr über die Stadt Peking und ihre Einwohner erfahren. Auch die Vorstellung später die gleichen Plätze, Restaurants und Sehenswürdigkeiten, die der Autor beschrieben hat, mit eigenen Augen zu sehen, machte mich sehr neugierig auf dieses Buch.

Inhalt und Aufbau des Buches

Das Buch ist in mehrere kleinere Kapitel gegliedert, welche mit einem Spickzettel enden. Die Überschriften sind einmal in chinesischer und einmal in deutscher Sprache verfasst und haben meist nur eine kleine Andeutung auf den Inhalt des Kapitels. Erst nach dem Lesen des Kapitels wird die meist ironische Überschrift klar: „Das Alpaca-Pferd oder wie die Flusskrebse das chinesische Internet erobern.“.

In den einzelnen Kapiteln erzählt der Autor kleine Geschichten über seinen Aufenthalt, seine Begegnungen und seine Reisen in China. Dazu interviewt er viele Einheimische, in China lebende Ausländer, Wanderarbeiter. Außerdem trifft Scherzer auf ein Netzwerk von ehemaligen Mitarbeitern der DDR-Botschaft in Peking, einen ehemaligen DDR-Militärattaché und sogar einen ehemaligen Maoisten aus der alten Bundesrepublik. Diese Leute ermöglichen ihm einen Querschnitt chinesischen Lebens zu erstellen, mit Geschichten vom Unternehmer über den taoistischen Abt bis zu den Wanderarbeitern. Es werden auch sehr ernste Themen behandelt, wie die vielen Abtreibungen in China, die sicherstellen sollen, dass das Kind ein Junge wird, denn „ die Jungen waren und sind für die Familie eine Lebensgarantie.“. Scherzer sammelt Fakten, Lebensgeschichten, wie die, von Madame Zhou, einer verkrüppelten Wanderarbeitertochter, die sich für die Rechte von Wanderarbeitern einsetzt. Um auf die schwere Lebenssituation der Wanderarbeiter und besonders deren Kinder aufmerksam zu machen, schreibt sie ein Buch, in welchem 99 Lebensgeschichten von Wanderarbeitern festgehalten sind.

Zudem findet der Autor paar Skurrilitäten wie jene, dass es in Peking den “Fahrradfahrern streng verboten ist, mit Licht zu fahren, um die Autos nicht zu blenden.”

Seinen Interviewpartnern stellt der Autor vier gleiche Fragen: Was ist für Sie ein guter Tag? Was ein schlechter? Was wünsche Sie sich für Ihre Zukunft? Was für die Zukunft Ihres Landes? Die Antworten auf diesen Fragen sind genauso unterschiedlich wie die Leute, denen der Autor begegnet.

Die Spickzettel am Ende jeden Kapitels sind Briefe von Schülern der 9., 10. Und 11. Klassen aus der Deutschen Schule in Peking. Der Autor hat die Schüler gefragt wie sie leben und was sie sich und ihrem Gastland wünschen: Was möchtet Ihr werden, und wo wollt Ihr später leben? Was wünscht Ihr China? Würdet Ihr eine Chinesin oder einen Chinesin heiraten? Durch diese Spickzettel bekommt man ganz neue und interessante Einblicke in das Leben von Ausländern in China. Außerdem ist es sehr interessant zu lesen, was die Schüler besonders aus Deutschland vermissen oder auch besonders schätzen in China. Auch die Wahrnehmung des Landes durch die jugendlichen Augen ist sehr spannend.

Das Buch wird auch durch einige Bilder, die vom Autor geschossen worden, illustriert. Auf den Bildern sind meist Menschen, mit denen der Autor gesprochen hat, Situationen aus dem alltäglichen Leben oder verschiedene Orte festgehalten.

 Fazit

Das Buch stellt eine sehr originelle und facettenreiche Reportage über das chinesische Leben dar. Es beinhaltet so viele unterschiedliche und interessante Geschichten über China und die Leute, die da Leben. Somit erfährt man so viel über das Land, das alltägliche Leben, über wirtschaftliche Zusammenhänge und nicht zuletzt über den ganz normalen Alltag in China.

Besonders spannend fand ich den Mix aus vielen abwechslungsreichen Geschichten. Manche davon haben einen ersten Hintergrund, wie die über die Lebensbedingungen von Wanderarbeitern, was einen zum Nachdenken bewegt. Auf der anderen Seite gibt es auch sehr amüsante und unterhaltsame Passagen, die das Lesen sehr aufregend machen.

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46 Responses to Madame Zhou und der Fahrradfriseur: Auf den Spuren des chinesischen Wunders.

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  45. scheibnerl says:

    Hallo Anna,

    wie du finde ich an dem Buch „Madame Zhou und der Fahrradfriseur“ interessant, dass es einen Querschnitt des chinesischen Lebens wiedergibt. Einheimische nehmen China sicherlich anders wahr als Menschen aus anderen Ländern der Welt, weshalb die Perspektiven und Blickwinkel auf Peking so unterschiedlich ausfallen.

    Die von dir genannte Skurrilität mit dem Verbot der Fahrradlampen, um Autofahrer nicht zu blenden, hat mich an eine Geschichte eines Kommilitonen erinnert. Dieser verbrachte einige Zeit in einem anderen asiatischen Land (Japan) und machte dort die Erfahrung, dass Autofahrer an einer roten Ampel ihr Scheinwerferlicht ausschalten. Auf seine verblüffte Frage nach dem Grund dafür, antworteten die Japaner, dass sie die Straße überquerende Passanten nicht blenden möchten. Angst vor einem Auffahrunfall von später heranfahrenden Fahrzeugen hätten sie dabei nicht. Dies ist meiner Meinung nach wieder ein sehr gutes Beispiel dafür, wie Menschen in verschiedenen Kulturen verschiedenartige Betrachtungsweisen auf Begebenheiten haben und sich in Situationen anders verhalten.

    Ein weiterer Aspekt welcher mich an deinem Buch interessiert ist, wie die Jugendlichen auf die vier Fragen geantwortet haben. Wie viele von ihnen können sich denn eine Zukunft in China vorstellen und warum? Bei der Frage – was sie aus Deutschland am meisten vermissen – musste ich an meine eigenen Erfahrungen im Ausland denken. Nach meinem sechsmonatigen Aufenthalt war es sehr schön wieder auf den Straßen deutsche Stimmen und Wörter zu hören, sich beim Bäcker ein Frühstücksbrötchen zu kaufen und bei einer Erkältung eine Hühnersuppe essen zu können. Damit möchte ich zum Ausdruck bringen, dass es manchmal „Kleinigkeiten“ sind, welche man im Ausland plötzlich vermisst, obwohl man sich nie hätte vorstellen können, dass man sie jemals vermissen könnte.

    Vielen Dank jedenfalls für deine Rezension und viel Spaß in Peking!

  46. weidenkellerm says:

    Hallo Anna,

    Scherzer berichtet über seine private Reise in die Volksrepublik China und gibt dem Leser somit die Möglichkeit viele interessante Details zu erfahren, die dem normalen Touristen verborgen bleiben. Dies ist möglich, da der Autor Gespräche mit vielen Angehörigen verschiedener Bevölkerungsgruppen führte und dadurch Einblick in die Befindlichkeit des Landes erhielt.

    Viele der von ihm befragten Personen sind Wanderarbeiter. Hinter den kolossalen Bildern aus China, die von den Deutschen konsumiert werden – den immer höheren Häusern, den Wachstum des Bedarfs an Luxusgütern, den imponierenden Dollar-Reserven – stecken eben diese vielen rechtlosen Arbeiter. Von den Hungerbedingungen der Dörfer in die Städte getrieben, arbeiten sie zehn und mehr Stunden am Tag. Für sie gilt kein Gesundheits- oder Bildungswesen und ihre Kinder sind meistens den Großeltern oder sich selbst überlassen.

    Meiner Meinung nach hast du dir ein spannendes Buch zur Vorbereitung auf dein Auslandssemester in Peking ausgesucht, da Scherzer in diesem kritisch hinterfragt, Fakten zusammenträgt und dennoch die Skurrilitäten wie jene, dass es in Peking den “Fahrradfahrern streng verboten ist, mit Licht zu fahren, um die Autos nicht zu blenden, aufzählt. Somit entstand zwar nicht ein Werk, das die chinesische Wirklichkeit in voller Bandbreite abbildet, jedoch ein Bild zeichnet, welches dem Abbild sehr nahe kommt.

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