Flucht aus Lager 14: Die Geschichte des Shin Dong-hyuk, der im nordkoreanischen Gulag geboren wurde und entkam

Fakten zum Buch

  • Titel: Flucht aus Lager 14: Die Geschichte des Shin Dong-hyuk, der im nordkoreanischen Gulag geboren wurde und entkam
  • Autor: Blaine HardenFlucht aus Lager 14
  • Verlag: Deutsche Verlags-Anstalt; Auflage: 9 (10. September 2012)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3421045704
  • ISBN-13: 978-3421045706
  • Originaltitel: Escape from Camp 14. One Man’s Remarkable Odyssey from North Korea to Freedom in the West
  • Größe : 21,8 x 14,2 x 2,6 cm
  • Seitenzahl: 256
  • Preis: 19,99 €

 

Motivation:

Seitdem ich geplant habe, ein Auslandsemester in Seoul zu absolvieren, beschäftige ich mich mit der koreanischen Sprache und Kultur, um dadurch Einblicke in das Land, in dem ich einige Monate verbringen werde, zu erhalten. Die jüngeren Provokationen Nordkoreas und die damit ausgelösten Spannungen auf der koreanischen Halbinsel haben das öffentliche Interesse verstärkt auf Nordkorea gerichtet. Je mehr ich der Medienberichterstattung folgte, umso mehr nahm mein Interesse zu, mehr über den nördlichen Teil der koreanischen Halbinsel zu erfahren – einem Land, das von der Außenwelt isoliert ist und dessen Regime die Bevölkerung unterdrückt und ihr jeglichen Kontakt mit dem Ausland verbietet. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden, mich im Rahmen des ASBE-Programms mit Literatur zu beschäftigen, die nicht nur „mein studentisches Zielland“, sondern vielmehr auch dessen Nachbarstaat zum Thema hat, auch um sich den Unterschieden zwischen Nord- und Südkorea noch stärker bewusst zu werden. Aus diesem Grund habe ich das Buch „Flucht aus Lager 14: Die Geschichte des Shin Dong-hyuk, der im nordkoreanischen Gulag geboren wurde und entkam“ ausgewählt.

Autor und Hintergrundinformationen:

Zunächst jedoch einige Hintergrundinformationen über die Entstehung des Buches „Flucht aus Lager 14“. Das Buch erschien am 29. März 2012 unter dem Originaltitel “Escape from Camp 14: One Man’s Remarkable Odyssey from North Korea to Freedom in the West” .Es erzählt die Geschichte von Shin Dong-hyuk, dem es im Alter von 23 Jahren gelang, aus einem nordkoreanischen Gefangenenlager zu fliehen, in welchem er auch geboren wurde. Autor ist der amerikanische Journalist Blaine Harden, Jahrgang Blaine Harden1952, der Korrespondent der „Washington Post“ in Asien, Osteuropa und Afrika war, eine Zeitlang für die „New York Times“ und „Times Magazine“ arbeitete und nun Autor des „Economist“ ist. Shin Dong-hyuk veröffentlichte seine Memoiren auf Koreanisch bereits im Jahr 2007 unter dem Titel “Ausbruch in die Außenwelt”. Doch erst mit Blaine Harden kam der literarische Erfolg: Das Buch ist inzwischen in 24 Sprachen übersetzt, auf Deutsch erschien es im Spiegelbuchverlag. 2012 gewann Harden für das Werk den Grand Prix de la Biographie Politique, einem französischen Literaturpreis. Das Buch wurde 2012 auch unter dem Titel „Camp 14 – Total Control Zone“ verfilmt.

Inhalt:

Nun zum Inhalt des Buches: Es ist aus der Sicht des Protagonisten Shin Dong-hyuk in der dritten Person geschrieben.

Shin Dong-hyuk kam 1982 im Lager 14 zur Welt. Seine Familie galt als Staatsfeind und „nicht verbesserungsfähig“. Ihnen stand im Lager der Tod durch Arbeit bevor. Im Buch wird berichtet, dass das Lager 1959 in Zentralnordkorea – Landkreis Gaechon, Provinz Hamgyeong – errichtet wurde, 15000 Häftlinge umfasst und sich über eine Fläche von 280 Quadratkilometern erstreckt. Shin wuchs somit im Lager auf, völlig abgeschottet von der Außenwelt, umgeben von einem Hochspannungszaun und unter strengster Bewachung durch rücksichtlose, gewalttätige Wärter.

In den ersten Kapiteln des Buches wird beschrieben, welche Erfahrungen Shin in seiner Kindheit und im Jugendalter macht und wie der Arbeitsalltag der Häftlinge gestaltet ist. Die Erzählungen laufen in zwei Richtungen: Zum einen wird immer wieder vom Leben im Lager und vom Lagersystem erzählt, zum anderen wird die Geschichte von Shin Dong-hyuk um gut recherchierten Fakten zu dem Leben in Nordkorea außerhalb des Lagers, der Regierung und dem Militär, ergänzt.
Das Lager 14 ist ein Arbeitslager für die sognannten politischen Feinde der nordkoreanischen Regierung, ein „Bezirk unter absolute Kontrolle“ mit besonders brutalen Arbeitsbedingungen. Hier kommt es häufig wegen Krankheiten, Hunger und vor allem der schwere Arbeit in Fabriken, Bergwerken oder landwirtschaftlichen Betrieben zu einem vorzeitigen Tod der Häftlinge. Ohne, dass jemals eine Anklage oder ein Gerichtsverfahren stattfindet. Das Bestehen dieser Arbeitslager nördlich der Hauptstadt Pjöngjang wird von dem nordkoreanischen Regime allerdings abstreitet. Der Autor argumentiert jedoch, dass diese durch Satellitenfotos innerhalb der zerklüfteten Berge Nordkoreas sehr gut erkennbar seien. Desweiteren führt er an, dass die nordkoreanischen Zwangsarbeitslager inzwischen doppelt so lange wie der ehemalige sowjetische Gulag und rund zwölfmal so lange wie die ehemaligen deutschen Konzentrationslager des Dritten Reichs existieren. Die südkoreanische Regierung schätzt, dass dort etwa 154.000 Häftlinge festgehalten werden. Schätzungen des südkoreanischen Geheimdienstes und von Menschenrechtsgruppen zufolge gibt es sechs solcher Lager. Das größte ist rund 50 Kilometer lang und 40 Kilometer breit, seine Fläche ist größer als die von Los Angeles, so der Autor.

Lager 14

Shins Eltern haben sich im Lager kennen gelernt und als Belohnung für „gute Führung“ im Lager heiraten dürfen. Beide waren ins Lager 14 gekommen, nachdem Angehörige bei ihren Fluchtplänen aus dem Land aufgeflogen waren. Amtlich existierte Shin Dong-hyuk in Nordkorea gar nicht. Da er im Straflager geboren wurde, hatte er keine Geburtsurkunde und keinen Ausweis. Aus dem Zwangsarbeitslager wird niemand entlassen. Wer in einem Straflager geboren wird, muss sein Leben lang dort bleiben.
Ein „normales“ Familienleben kennt Shin zu jener Zeit nicht. Die Bedeutung der Wörter „Liebe“, „Mitgefühl“, „Vertrauen „und „Familie“ ist ihm völlig fremd. Als er noch zu Hause wohnt, isst er die Ration seiner Mutter mit, während sie in der Arbeit ist. Dafür schlägt sie ihn so hart wie die Wärter es bei jeder Gelegenheit tun. In seiner Mutter sieht Shin nur eine Konkurrentin im täglichen Kampf um überleben Sein Vater schenkt ihm kaum Aufmerksamkeit und sein Bruder bleibt ihm nahezu fremd.

Shin besucht zwar eine Schule innerhalb des Lagers, dort werden ihm aber keinerlei Informationen über die Außerwelt vermittelt. Die Schule dient lediglich dazu, die Kinder mittels Manipulation und Gehirnwäsche zu fleißigen Arbeitersklaven zu machen. Unter den Gefangen herrscht ständiges Misstrauen. Auch stehen gegenseitige Denunziation und Misshandlung an der Tagesordnung. Doch Shin akzeptiert die Werte, Regeln und drakonischen Strafen der Wärter, sie sind sein Zuhause. Er kennt schließlich nichts anderes. Die harte Arbeit unter menschenunwürdigen Bedingungen gehört im Lager zum normalen und ganz gewöhnlichen Alltag der Kinder und Erwachsenen. Um trotz der viel zu kleinen Essensrationen satt zu werden und nicht zu verhungern, fangen die Kinder im Lager z.B. Ratten und Mäuse, essen Insekten und wühlen in Kuhfladen nach unverdauten Getreidekörnern.

Shin ist selbst für die Hinrichtung seiner Mutter und seines Bruders verantwortlich, was er jedoch in den folgenden 15 Jahren für sich behält. Er verrät den Fluchtplan seiner Mutter und seines Bruders, um dafür mehr Essen zu erhalten und zum Klassensprecher ernannt zu werden. Daraufhin wird seine Mutter vor seinen Augen erhängt und sein Bruder erschossen. Die Hinrichtung von Häftlingen vor den Augen der anderen Häftlinge ist jedoch nichts Ungewöhnliches. Sie werden regelmäßig als Abschreckungsmaßnahmen durchgeführt. Shin fühlt jedoch zunächst kein schlechtes Gewissen, so sehr haben ihn die lebenslangen Erfahrungen im Lager geprägt. Vielmehr ist er auf seine Mutter und seinen Bruder aufgrund deren Fluchtpläne wütend. Zugleich ist er erleichtert, dass es ihn nicht getroffen hat. Statt der erhofften Privilegien wird Shin jedoch selbst in einen fensterlosen Kerker gesperrt und auf grausamte Art und Weise gefoltert, da er keine weiteren Auskünfte geben kann, was die Familie nach der Flucht geplant habe. In der langen Zeit der Gefangenschaft entkommt Shin oftmals nur knapp dem Tod.

Shin hat nie über die Flucht nachgedacht, Freiheit ist in seiner Vorstellung einfach ein anderes Wort für gegrilltes Fleisch. Erst nachdem Shin Park Yong Chul trifft, denkt Shin das erste Mal überhaupt daran, zu fliehen. Park ist ein neuer Häftling, der das Leben draußen kennt, sogar das Leben in Europa. Er schafft es mit seinen Erzählungen von der Welt außerhalb des Lagers Shin zu beeindrucken. Shin beginnt plötzlich zu erkennen, wo er ist und was ihm fehlt. Ab da an träumt er von dem Tag, an dem er das Lager verlassen wird und dann alles essen können wird, so wie es Park in seinen Erzählungen beschrieben hat.

In den letzten Kapiteln des Buches wird beschrieben wie Shin durch großes Glück die Flucht aus Lager 14 gelingt, wie er in den folgenden Monaten in Nordkorea überlebt, um sich dann weiter bis nach China und Südkorea durchzuschlagen. Hier werden auch seine Eindrücke der Außenwelt beschrieben, sowie die Ereignisse in den ersten Jahren nach seiner Flucht.

Fazit:

Das Buch liefert tiefe Einblicke in die isolierte nordkoreanischen Gesellschaft und deren Zwangsarbeitslagern. Neben Shins Lebensetappen erfährt der Leser vieles über die Zustände in Nordkorea, die herrschende Armut im Land und der Ernährungsmangel dessen Bevölkerung, sowie über die Scheindemokratie und das Paradox zwischen dem Kommunismus und der Klassengesellschaft. Der Leser erhält ebenfalls Einblick in die komplexe Beziehung zwischen Nordkorea und seinen Nachbarländer.
Während des Lesens schüttelte man oft den Kopf, schockiert von den massenhaften unfassbaren Szenen wie Folter und Quälerei, sexuellem Missbrauch und weiteren unmenschlichen Bedingungen in diesen Arbeitslagern, sodass man die Richtigkeit der Geschichte in Frage stellt. Doch es gibt zwingende Gründe, das Geschilderte des Shin Dong-hyuk nicht anzuzweifeln. Der Autor interviewte Shin Dong-hyuk lange und ausführlich. Er ließ die niedergeschriebenen Geschehnisse von Amnesty International, anderen mit dem Thema Nordkorea betrauten südkoreanischen Organisationen und ehemaligen Gefangenen und Wärtern nordkoreanischer Gefangenenlager überprüfen – mit dem Resultat, dass die Geschichte absolut glaubhaft ist. Es bleibt am Ende den Vorsitzenden der Washington Post Donald E. Graham zu zitieren: „Skandalös“ seien nicht nur die Zustände in Nordkorea, sondern auch „die Gleichgültigkeit der Welt gegenüber der Existenz der Zwangsarbeiterlager in Nordkorea.“

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