Mo Yan: Die Knoblauchrevolte

 

Cover

  • Titel: Die Knoblauchrevolte
  • Autor: Mo Yan
  • Verlag: Unionsverlag (2009)
  • Seitenanzahl: 284
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN: 9783293204546
  • Preis: 12,95 €

 

Meine Motivation gerade dieses Buch zu lesen:

Seitdem ich weiß, dass es für mich im Herbst für ein Semester nach Peking geht, versuche ich so viel wie möglich über das Land und dessen Kultur in Erfahrung zu bringen, um nicht allzu unvorbereitet in dieses Abenteuer aufzubrechen. Da fast alles, was wir im Westen über China erfahren auch aus westlichen Quellen kommt, beziehungsweise von westlichen Autoren verfasst wird, war für mich klar, dass ich gerne ein Buch eines chinesischen Autors lesen wollte, auch weil ich neugierig auf den chinesischen Schreibstil war. Während des Chinesisch-Sprachkurses am LSI in Bochum empfahl mir dann einer unserer Dozenten den bekannten chinesischen Autor Mo Yan, dessen Bücher sowohl kritisch als auch authentisch geschrieben sein sollten. Nach einer kurzen Internetrecherche entschied ich mich für das Buch „Die Knoblauchrevolte“ oder „Die Ballade vom Knoblauchsprössling“, wie der Roman im Original heißt. Dieses Buch klang für mich interessant, da es das „echte“ oder zumindest „andere“ China auf dem Land beschreibt, was in den Medien eher selten thematisiert wird.

Wer ist Mo Yan?

Mo Yan

Mo Yan, was so viel wie „der Sprachlose“ heißt und das Pseudonym des Autors Guan Moye ist, wurde 1955 in Gaomi in der Provinz Shandong im Nordosten Chinas als Sohn einer Bauernfamilie geboren. In Folge der Kulturrevolution brach er die Schule im Alter von 12 Jahren ab, um in einer Fabrik zu arbeiten. 1976 trat er der Volksbefreiungsarmee bei. Während dieser Zeit begann er sein Literaturstudium und schrieb erste Kurzgeschichten. In seinen Werken thematisiert er vor allem seine Jugenderfahrungen und das harte Leben der Bauern in seiner Heimatprovinz. Seit der Verfilmung seines bekanntesten Werkes „Das rote Kornfeld“ gilt Mo Yan international als einer der wichtigsten und erfolgreichsten Autoren der chinesischen Gegenwartsliteratur. Im Jahr 2012 erhielt er als erster chinesischer Staatsbürger den Nobelpreis für Literatur.

Das Buch:

Rahmenhandlung: Der Autor erzählt die Geschichte der Bauern des kleinen Dorfes Gaomi im Kreis Paradies, die ihren Lebensunterhalt mit dem staatlich angeordneten Anbau von Knoblauch verdienen. Doch was zunächst eine einträgliche und sichere Einkommensquelle ist, führt bald in den finanziellen Ruin, als die Kreisannahmestellen sich aufgrund des erhöhten Angebots weigern, die Knoblauchstängel abzunehmen. Der daraufhin entbrennende Bauernaufstand der mit der Verwüstung der Kreisdirektion endet, ist Hauptthema und Ausgangslage des tragischen Schicksals der Charaktere im Buch.

Die Hauptcharaktere des Buches sind die Bauern Gao Ma und Gao Yang. Gao Ma ist ein junger, alleinstehender Bauer mit, nach bäuerlichen Maßstäben, durchschnittlichem Einkommen, der sich in die Tochter des Fang-Klans, Jinjü, verliebt. Da Jinjü bereits einem älteren Invaliden zur Frau versprochen wurde, fliehen die beiden kurzerhand. Auf ihrer Flucht werden sie jedoch von Jinjüs Familie entdeckt, woraufhin Gao Ma von Jinjüs Brüdern fast zu Tode geprügelt wird, und Jinjü unter Hausarrest gestellt wird. Als sich herausstellt, dass Jinjü von Gao Ma ein Kind erwartet, stimmen ihre Eltern widerwillig einer Hochzeit der beiden zu, unter der Voraussetzung, dass Gao Ma zunächst 10.000 Yuan zahlt. Gao Ma hofft, dass er die Hälfte dieses Betrages durch den Verkauf seiner Knoblauchstängel noch in der laufenden Saison verdienen kann.

Der zweite Hauptcharakter, Gao Yang, stammt aus einer ehemaligen Gutsherrenfamilie, die im Rahmen der chinesischen Bodenreform enteignet wurde. Seit seiner Kindheit wurden Gao Yang und seine Familie von anderen Bauern schikaniert und er ist es gewohnt, demütig Anordnungen Anderer zu gehorchen und Schikanen zu ertragen. Er wohnt mit seiner Frau, seiner blinden Tochter und seinem neugeborenen Sohn in einem bescheidenen Haus in Gaomi und lebt wie alle anderen Bauern des Dorfes vorrangig von dem Anbau von Knoblauch.

Als die Bauern der Dörfer in der Umgebung ihre Ernte zum Verkauf in die mehrere Kilometer entfernte Kreisstadt bringen, sie jedoch nach Zahlung verschiedener Steuergelder wieder nach Hause geschickt werden, da die Annahmestellen für Knoblauch wegen Überfüllung geschlossen sind, ziehen die verzweifelten und wütenden Bauern zur Kreisdirektion, und verwüsten diese.

Nach dem Knoblauchaufstand wird Gao Yang, ebenso wie Jinjüs Mutter, von der Polizei verhaftet und ins Gefängnis gebracht. Hier wird er, schwer verletzt und krank von dem langen Marsch zum Gefängnis, von seinen Zellengenossen schikaniert.

Während Gao Yang sich den Polizisten bedingungslos ergibt, gelingt Gao Ma zunächst die Flucht vor ihnen. Er irrt einige Zeit umher und beschließt schließlich zurück nach Gaomi zu kehren, um seine restliche Ernte zu retten und seine geliebte Jinjü zu suchen. Jinjü, mittellos, hochschwanger und verzweifelt aufgrund ihrer tragischen Situation (ihr Vater ist mittlerweile verstorben, ihre Mutter sitzt im Gefängnis und ihr Verlobter ist auf der Flucht), hat sich jedoch kurz vorher in Gao Mas Haus erhängt. Als dieser sie dort findet, begräbt er sie mit Hilfe seiner Nachbarn und wird anschließend ebenfalls verhaftet. Trotz eines mutigen Verteidigers vor Gericht, werden alle Teilnehmer der Knoblauchrevolte schuldig gesprochen und zu mehreren Jahren im Arbeitslager verurteilt.

Struktur: Der Autor beschreibt die Geschichte der beiden Hauptcharaktere und ihres Umfelds anhand von Rückblicken und aus wechselnden Perspektiven. Oft vermischen sich (Alb-) Träume der Figuren mit der Realität und es wird zwischen verschiedenen Zeitabfolgen hin- und hergesprungen. Dies macht es dem Leser zunächst relativ schwer, den Überblick zu behalten und die einzelnen Geschehnisse richtig einzuordnen. Einzig die am Kapitelanfang stehenden Liedverse des blinden Sängers Zhang Kou liefern eine Chronologie der Rahmenhandlung. Erst am Ende des Buches klären sich die genauen Zusammenhänge und die Rollen der Hauptcharaktere während des Bauernaufstandes.

Fazit:

Die Knoblauchrevolte ist ein spannender Roman, der den Klassenkampf der chinesischen Bauern mit den größtenteils korrupten Beamten beschreibt. Auch wenn, oder vielleicht gerade weil die Sprache des Romans einfach, größtenteils auch vulgär ist, beschreibt er eindrücklich das Leben und die Sorgen der Bauern im ländlichen China. Trotz der Härte und Grausamkeit gegenüber den Menschen, die in dem Buch ausführlich beschrieben werden, findet man immer wieder auch Momente der Anteilnahme und Hilfsbereitschaft unter den Bauern und sogar zwischen Bauern und Polizisten. Es wird außerdem deutlich, dass in den ländlichen Dörfern viele Gesetze der Partei nur auf dem Papier gelten, in der Praxis aber noch nach traditionellen Maßstäben geurteilt und gehandelt wird. Dies steht im Kontrast zu der Allgegenwart der Partei, die ihre Interessen gnadenlos durchsetzt.

Beim Lesen des Buches wäre ein größeres historisches und politisches Hintergrundwissen als ich es habe auf jeden Fall von Vorteil und würde sicherlich dazu beitragen, an der einen oder anderen Stelle die Motive der Charaktere besser nachvollziehen zu können. Auf den China-Neuling wirkt das Buch oft ekelig und verstörend, wenn nicht sogar abschreckend und angsteinflößend, und ist daher als Erstliteratur nicht unbedingt zu empfehlen. Trotz allem ist „Die Knoblauchrevolte“ ein lesenswertes Buch, nicht zuletzt auch wegen des ungewohnten (Be-)Schreibstils des chinesischen Autors, der sich doch sehr vom „westlichen“ Stil, falls es einen solchen gibt, unterscheidet.

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