Buchrezension zum “Fettnäpfchenführer China-Der Wink mit dem Hühnerfuß” (Obst, 2011) von Jennifer Kunrath

Buchrezension zum “Fettnäpfchenführer China-Der Wink mit dem Hühnerfuß” (Obst, 2011)

 

 

von Jennifer Kunrath (ASBE I, Universität Paderborn, SS2012)

Im Rahmen des ASBE Programms der Universität Paderborn (Asian Studies in Business and Economics Programm of the Paderborn University) wird im Folgenden eine Buchrezension zum Kulturratgeber „Fettnäpfchenführer China-Der Wink mit dem Hühnerfuß“ (Obst, 2011) vorgestellt.


Motivation

Eine der größten Herausforderungen eines Auslandsaufenthaltes in China, egal ob als Student, Vertreter einer Firma oder als Tourist, ist die Anpassung an die fremden Sitten und Gepflogenheiten. Um peinlichen Missverständnissen, unwissentlichen Blamagen und groben Fehltritten während meines geplanten Auslandssemesters am Beijing Institute of Technology vorzubeugen, möchte ich mich bereits im Vorfeld gründlich mit der chinesischen Kultur und den gesellschaftlichen Standards auseinandersetzen. Der „Fettnäpfchenführer China“ von Anja Obst (2011) bietet für dieses Vorhaben die ideale Grundlage.

 

Buchinformation und Kurzbeschreibung

Titel:                                       Fettnäpfchenführer China-Der Wink mit dem Hühnerfuß

Genre:                                     Länderspezifischer Ratgeber/Kulturführer

Autorin:                                  Anja Obst

Verlag:                                    Conbook Medien GmbH

Erscheinungsort/-Jahr:            Meerbusch (Deutschland), 2010

Auflage:                                 2. (2011)

Sprache:                                  Deutsch

Seitenanzahl:                          287

ISBN-10:                                3934918549

ISBN-13:                                978-3934918542

Einband:                                 Gebunden

Preis:                                       10,95 €

Das Buch begleitet den Protagonisten Peter, einen Sprachstudenten aus Deutschland, durch seine Praktikumszeit in einer Pekinger Stofftierfirma. Tapfer und wissbegierig stellt sich Peter allen Widrigkeiten des chinesischen Alltags und lässt sich trotz unzähliger Fallstricke und Fettnäpfchen nicht entmutigen, die Feinheiten der fremden Kultur kennenzulernen.

 

Ãœber die Autorin

 

 

 

 

 

Anja Obst, 1967 Lübeck geboren, hatte sich schon in jungen Jahren für Sprachwissenschaften begeistern können und entschloss sich kurzerhand, Wirtschaftssinologie zu studieren. Ihr Studium und ihre spätere Arbeit führten sie nach China. Die Erkundung fremder Kulturen ist ihrer Ansicht nach nicht nur äußerst spannend, sondern auch hilfreich bei der Selbstfindung. Seit 1998 lebt sie in der Hauptstadt Peking. Neben einem Halbtagsjob bei der ARD, machte sich Anja Obst mit einer Agentur für Wirtschaftsberatung selbstständig. Schließlich beschloss sie jedoch, ihrem Herzen zu folgen und freiberufliche Journalistin und Autorin zu werden. Bereits in ihrer Kindheit hatte sie gerne geschrieben und sich kleine Geschichten ausgedacht. Sie begann, für verschiedene Tageszeitungen und Zeitschriften zu arbeiten. Seit 2009 ist sie Chinakorrespondentin für das Magazin FOCUS und stets bemüht, kulturell bedingte Missverständnisse zu beseitigen.[1]

 

Aufbau und Inhalt

Ob herzhaftes Händeschütteln, peinliche Versprecher oder ungewohnte Tischetikette, im „Fettnäpfchenführer China“ lässt der Bremer Student Peter wirklich keinen Fauxpas aus. Der Leser begleitet Peter, der ein sechsmonatiges Praktikum bei einem staatlichen Stofftierproduzenten am Rande der Großstadt Peking absolviert, durch seinen chinesischen Alltag. In einem humorvollen und unkomplizierten Stil beschreibt die Autorin, wie Peter die vielfältigen und konkreten Lebenssituationen bewältigt. Dazu gehört unter anderem auch die Auswahl eines angemessenen Geschenkes und der passenden Garderobe für das Frühlingsfest, die korrekte Handhabung von Visitenkarten oder wie „Kritik üben“ auf Chinesisch funktioniert bzw. wie man diese im besten Fall „verpacken“ sollte. Peter ist jedoch stets lernfähig, und stellt sich beharrlich den kulturellen Eigenheiten Chinas. Jedes Fettnäpfchen wird direkt entweder durch Peters Freund Xiao Li „dem kleinen Li“, Professor Xu oder durch eine Fußnote der Autorin detailliert erklärt. Die Erläuterungen verdeutlichen, worin der Fehltritt bestand, warum das Verhalten in einer bestimmten Situation unangemessen war und wie man sich korrekter Weise verhalten sollte. Gesellschaftliche Konzepte, wie der „Gesichtsverlust“ oder das Prinzip des „Guanxi“, des sozialen „Networkings“, werden dem Leser näher gebracht.

Die Erklärungen zum Verhaltenskodex werden häufig verknüpft mit vertiefenden Informationen zur chinesischen Geschichte, Kultur und Gesellschaft sowie politischen und wirtschaftlichen Themenbereichen, ohne dabei jedoch den Textfluss zu unterbrechen. Die zahlreichen Fakten werden stets in die übergeordnete Geschichte von Peters ereignisreicher Praktikumszeit integriert. Der Leser erfährt auf diese Weise nicht nur etwas über die chinesischen Lebensgewohnheiten, sondern auch woher die chinesische Weltanschauung und der weit verbreitete Aberglaube stammen und wie die zahlreichen Traditionen und Tugenden entstanden sind. Außerdem werden die Unterschiede zur westlichen Denkweise speziell hervorgehoben. Auch auf gegenseitige Vorurteile wird eingegangen. Durch die Kombination aus einzelnen beispielhaften Handlungssituationen und sachlichem Faktenwissen, wird die Essenz der kulturellen Missverständnisse verdeutlicht.

Neben den Tipps und Tricks für das Überleben im chinesischen Alltag, nicht nur im Hinblick auf den Straßenverkehr und die Preis-Verhandlungstaktiken, werden in kleinen Informationskästchen auch brisantere Themen, wie beispielsweise die Prostitution, Analphabetismus, Ein-Kind-Politik, Menschenrechte und Meinungsfreiheit, behandelt. Die Schere zwischen arm und reich bzw. zwischen der Stadt- und der Landbevölkerung wird im Buch ebenfalls angesprochen. Die Autorin weist außerdem darauf hin, dass sich China augenblicklich in einer Zeit des Umbruchs und Wandels befindet und erläutert, wie sich der ständige Spagat zwischen Tradition und Moderne auf die verschiedenen Generationen auswirkt.

Auch die Grammatik der chinesischen Sprache und die Struktur der Schriftzeichen wird erklärt. Das Buch enthält viele chinesische Wörter in „Pīnyīn Schrift“, sodass sich dem Leser sogleich die Möglichkeit bietet, einige wichtige Begriffe und Vokabeln zu verinnerlichen. Eine kleine Sektion ist sogar dem Gebrauch von Flüchen und mehr oder weniger harmlosen Schimpfwörtern gewidmet. Der chinesischen Affinität zu blumigen Sprichwörtern wird ebenfalls Rechnung getragen. Die Überschriften der einzelnen Kapitel bestehen aus beliebten Redewendungen. „Die Pritsche reinigen, um zu begrüßen“ (Sǎo Tà Yǐ Yíng), zum Beispiel, ist eine häufig verwendete Redewendung um auszudrücken, dass man sich auf einen Gast freut.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Buch inhaltlich weit mehr bietet als ein simpler „Fettnäpfchenführer“. Es handelt sich vielmehr um eine Art Kulturratgeber, der nahezu alle wissenswerten Informationen zusammenträgt, die für China-Reisende relevant sind, und diese für westliche Kulturen verständlich erklärt.

 

Evaluation und Fazit

Der „Fettnäpfchenführer China“ von Anja Obst ist ein wahres Lehrstück für die vielen Kleinigkeiten, die einem im chinesischen Alltag begegnen können und bietet einen hervorragenden Einstieg, um die nötige Sensibilität und ein Gespür für die chinesische Mentalität und ihre Hintergründe zu entwickeln. Darüber hinaus ermöglicht es einen ganzheitlichen Einblick in die bedeutenden Eckpfeiler der chinesischen Geschichte, Politik, Wirtschaftsentwicklung und Gesellschaft. Dabei ist das Buch aufschlussreich und zugleich sehr unterhaltsam geschrieben. Durch die ungezwungene und humorvolle Art und Weise, die Missverständnisse geradeheraus zu schildern, wird die Vorstellungskraft des Lesers aktiviert, ohne dabei respektlos gegenüber der chinesischen Kultur zu wirken. Es fällt leicht, sich in Peters Situation hineinzuversetzen. Die Spannung, in welches Fettnäpfchen er wohl als nächstes tritt, wird dabei bis zur letzten Seite aufrecht erhalten. Das 14. Kapitel zur chinesischen Sprache und den Schriftzeichen ist ohne Vorkenntnisse jedoch etwas schwierig zu verstehen. Eine Simplifizierung und eine vorteilhaftere Strukturierung könnten diese kleine Schwäche jedoch beseitigen. Dennoch ist das Buch durchweg für jeden zu empfehlen, der nach China reisen möchte. Es kann nicht nur vor kulturell bedingten Missverständnissen und Fettnäpfchen schützen, es hilft auch, chinesische Verhaltensweisen korrekt zu deuten. Auch ich hoffe, dass mir durch die Lektüre während des geplanten Auslandssemesters einige Peinlichkeiten erspart bleiben.

 


[1]Conbook-Verlag (2010), Anja Obst im Interview, Online verfügbar unter: http://www.conbook-verlag.de/obst_anja.html (25.03.2012).

 

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