Vorantrag für ein DFG-Schwerpunktprogramm

Photonische Kristalle

Prof. Helmut Föll, Allgemeine Materialwissenschaft, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Kaiserstraße 2, 24143 Kiel, Tel.: 0431 77572500, email: hf@techfak.uni-kiel.de

Dr. Ralf B. Wehrspohn, Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik, Weinberg 2, 06120 Halle, Tel.: 0345 5582726, Fax: 0345 5511223, email: wehrspoh@mpi-halle.mpg.de

Mit der Erfindung des Lasers wurde aus der Optik die Photonik; Fortschritte entwickelten sich zunehmend über die gezielte Beeinflussung der Photonendynamik durch spezifisch dafür entwickelte Materialien. Photonische Kristalle oder "photonic band gap materials" (PBG), erstmals durch E. Yablonovitch [1] und S. John [2] beschrieben, stellen eine neuartige Klasse von Dielektrika dar, mit der die Steuerung des Photonenflusses auf eine neue Ebene gehoben werden kann. PBGs, bestehend aus periodischen Anordnungen dielektrischer Strukturen mit Gitterkonstanten im Bereich der Lichtwellenlänge, haben bezüglich Photonen ähnliche Eigenschaften wie Halbleitermaterialien bezüglich Elektronen und Löchern. Insbesondere lassen sich Bandlücken im Wellenzahlraum der Photonen erzeugen. Im Gegensatz zu Halbleitern, die die kohärente Ausbreitung von Elektronenwellen fördern, können Photonen im PBG kohärent lokalisiert sein; damit wird eine neuartige und noch nicht ausgelotete Forschungsrichtung in der Photonik etabliert. Eine unmittelbare Konsequenz dieser Eigenschaft besteht darin, daß die spontane Emission aus Zwei-Niveau Systemen, (z.B. geeignete Atome oder Moleküle), die in einen PBG eingebaut sind, völlig unterdrückt wird, falls die Wellenlänge des emittierenden Lichts in die Energielücke des PBG fällt. Das Photon bildet ersatzweise einen gebundenen Zustand mit dem Atom. Mit lokalisierten Photonen und unterdrückter spontaner Emission öffnet sich nicht nur ein neues Forschungsgebiet, sondern auch die Tür zu einer Reihe von neuartigen photonischen Bauelementen wie Laser mit niedriger Schwelle oder ultraschnelle optische Schalter. Eine zusätzliche Attraktion für Forschung und Anwendung besteht in der Möglichkeit, in die PBG Kristalle Defekte einzubauen, mit Auswirkungen analog zu Halbleitern, aber auch mit neuartigen Eigenschaften. "Atomare Fehlstellen" können beispielsweise erlaubte Zustände im optischen Bandgap einführen, während lineare Defekte wie Lichtwellenleiter wirken können. Damit werden neue Baulelemente für eine integrierte Optoelektronik im Bereich der Telekommunikation möglich und bei entsprechender Schaltbarkeit des einen Dielektrikums opto-optische oder elektro-optische Schalter.

 

Die Forschungsfelder gliedern sich in vier Disziplinen:

 
  • Theorie: Berechnungen zu Bandlücken der PBG, Transmissionsverhalten der PBG, neuartige Phänomene wie Solitonen, quantenoptische Berechnungen für Emissionsverhalten von Leuchtzentren in PBGs und nichtlineare optische Effekte.
  • Herstellung: Da die für Anwendungen interessanten Strukturen im Nanometer Bereich liegen, sind sowohl "top-down" als auch "bottom-up approaches" möglich. An beiden Gebieten wird und soll geforscht werden, wobei die Nanostrukturierung von Gruppe III-V als auch IV Halbleitern im Hinblick auf Integration kurzfristig kompatibler zu anderen optoelektronischen Baulelemten ist. Hier sind aufgrund der Strukturgröße high-end Nanostrukturierungs- und Ätzverfahren nötig und zu entwickeln.
  • Charakterisierung: Aufgrund der nanometergroßen Strukturen sind sehr spezielle Messmethoden zu verwenden und für neuartige Bauelemente auch teilweise neue optische Charakterisierungsmethoden zu entwickeln.
  • Anwendungen/Bauelemente: Aufgrund des industriellen Interesses im Bereich optische Datenübertragung (Wellenleiter, Add/Drop Filter für Multiplexer), optoelektronische Bauelemente (LED, Laser, optische Schalter), etc., ist es wichtig, erste Bauelemente zu entwickeln und deren Brauchbarkeit zu demonstrieren.
 

Bei dem ersten Vorbereitungstreffen nahmen 42 Gruppen aus allen vier Bereichen teil. Gerade Zusammenarbeit ist in diesem neuartigen Forschungsgebiet besonders von Bedeutung, da keine Gruppe alle diese 4 Disziplinen alleine durchführen kann. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Theorie, Herstellung und Charakterisierung für die unterschiedlichen opto-elektronischen Strukturen und Anwendungen ist geplant und letztendlich deren Integration in Bauelemente. Industrielles Interesse ist vorhanden. Erste Kontakte zur Deutschen Telekom, SCHOTT, Infineon und anderen Unternehmen bestehen.

 

International gibt es besonders in den USA und Japan lebhafte Aktivitäten auf dem Gebiet der photonischen Kristalle. Zum Abschluß war noch erwähnt, daß die Zeitschrift "Science" dieses Gebiet als eines von sechs der in der nahen Zukunft bedeutenden Forschungsgebiete eingestuft hat [3].

 


[1] E. Yablonovitsch, Phys. Rev. Lett. 58, 2059 (1987)

[2] S. John, Phys. Rev. Lett. 58, 2486 (1987)

[3] Science, 292, 2158 (1998)

 

An der Teilnahme interessierte Wissenschaftler(innen):

Beim Treffen zur Einrichtung eines DFG Schwerpunktes am 8. Juni 1999 am MPI für Mikrostrukturphysik in Halle haben ca. 42 Gruppen aus 20 universitären und 12 außeruniversitären Einrichtungen ihr Interesse an einem DFG Schwerpunktprogramm bekundet.

  1. Außeruniversitäre Einrichtungen

Fraunhofer-Institut für integrierte Schaltungen (FhG-IIS-A), Erlangen

Dr. Thomas Bellingrath

Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik, Berlin

Prof. Dr. Bernd Kuhlow

Dr. H. Heidrich

 

Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme (FhG-IMS), Dresden

Dr. Hubert Lakner

Jörg Amelung

 

Forschungszentum Karlsruhe

Prof. Dr. Franz Josef Pantenburg

 

Hahn-Meitner Institut, Berlin

Prof. Dr. H.-J. Lewerenz

Dr. Ulrich Störkel

Dr. Jungblut

 

Institut für Technische Physik, DLR

Privat-Dozent Dr. Ortwin Hess

 

Institut für Physikalische Hochtechnologie e.V. Jena/Friedrich Schiller-Universität Jena

Prof. Dr. Hartmut Bartels

Prof. Dr. Andreas Tünnermann

Prof. Dr. F. Lederer

Dr. E.B. Kley

Dr. H.-R. Müller

 

Institut für Mikromechanik Mainz

Dr. Hans-Dieter Bauer

Dr. W. Ehrfeld

Dr. Maria Kufner

 

Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik/Universität Halle

Prof. Dr. Ulrich Gösele

Prof. Dr. Wolfram Hergert

Dr. Reinald Hillebrandt

Dr. Ralf Wehrspohn

Dr. Frank Müller

Albert Birner

Jörg Schilling

Kornelius Nielsch

 

Max-Planck-Institut für Kohlenforschung

Dr. Frank Marlow

 

Max-Planck-Institut für Festkörperphysik, Stuttgart

Dr. Tobias Ruf

Prof. Dr. M. Cardona

Paul-Drude-Institut Berlin

Dr. habil. L. Däweritz

Dr. Matthias Wassermeier

 

(b) Universitäre Einrichtungen

 

Universität Bonn

Prof. Dr. Dieter Meschede

Dr. Dietmar Haubrich

Henry Leinen

Habib Merimeche

Mario Mützel

Ralph Bertram

 

Universität Darmstadt

Prof. Wolgang Elsaesser

Dr. Hans W.P. Koops

 

Universität Dortmund

Prof. Ulrike Woggon

 

Universität Erlangen

Prof. Dr. Andreas Magerl

 

Uni-Freiburg

Prof. H. Helm

Dr. P.U. Jepsen

Dr. Carsten Winnewisser

PD Dr. Walter Richtering

Prof. Dr. R. Mühlhaupt

Prof. Dr. Schneider


Universität Göttingen

Dr. Martin Hübner

 

TU Hamburg-Harburg

Prof. Manfred Eich

Christian Liguda

Angelika Kuligk

Gunnar Böttger

 

TU Ilmenau

Dr. Uwe Rossow

 

Universität Kaiserslautern

Dr. Klaus-Jochen Boller

D.H. Lee

P. Gross

M.E. Klein

 

Universität Karlsruhe

Prof. Dr. Peter Wölfle

Dr. Kurt Busch

Dr. Hans Kroha

 

Universität Kiel

Prof. Dr. Helmut Föll

Prof. Dr. Karin Dichtel

Prof. Dr. Wolfgang Jäger

Dr. Jürgen Carstensen

Marc Christophersen

Roland Klose

 

Universität Köln

Prof. Dr. Frank Lewen

 

Universität Konstanz

Prof. Dr. Gerhard Rempe

Prof. Dr. Jürgen Mlynek

Dr. Pepjin Pinske

Dr. Vahid Sandoghdar

Patrick Kramper

 

Universität Marburg

Prof. H.-J. Stöckmann

Dr. Rainer Mahrt

Harald Giessen

 

LMU München

Prof. Dr. Jochen Feldmann

Dr. Gero von Plessen

Dr. Uli Lemmer

 

Universität Paderborn

Prof. Dr. H-C. Broecker

Prof. Dr. H. Marsman

PD Dr. S. Greulich-Weber

 

Universität Potsdam

Dr. Carsten Henkel

 

Universität Ulm

Prof. Dr. R. Sauer

Prof. Dr. Martin Möller

Dr. Klaus Thonke

Dr. J. Spatz

Dr. Nicole Jahn

Dr. Klaus Thonke

 

Universität Wuppertal

Prof. Dr. R. Zentel

Prof. Clivia Sotomayor-Torres

Thorsten Maka

 

Universität Würzburg

Prof. Dr. Alfred Forschel

Dr. Johann-Peter Reithmaier

Dr. Manfred Bayer

Internationale Zusammenarbeit

Eine Forschergruppe aus Holland (Prof. Lagendijk, Universiteit Amsterdam, Niederlande) hat schriftlich Interesse an einer Zusammenarbeit im Rahmen eines DFG-Schwer-punktprogrammes geäußert. Der Begleitbrief ist beigefügt. Prof. L.C. Kimerling vom MIT arbeitet bereits im Rahmen eines Senior Scientist Award der Humboldt-Stiftung für seine Arbeiten an photonischen Kristallen mit deutschen Forschungsinstituten zusammen. Einer der Erfinder des Konzepts der photonischen Kristalle, Prof. Sajeev John (University of Toronto), hat einen Antrag bei einer kanadischen Wissenschaftsorganisation auf Förderung der Zusammenarbeit mit deutschen Forschern auf diesem Gebiet gestellt. Im weiteren ist es vorgesehen, Professor John für einen Senior Scientist Award der Humboldt-Stiftung vorzuschlagen und ihn daraufhin einige Zeit an deutsche Institute zu holen.