Reinszenierung, Reenactment
Workshop und SILOGESPRÄCH

David Sittler
Reenactment als Perspektive auf die Medienpraktik gewaltsamen Reenactings im Rahmen der L.A. Riots von 1992.


Dr. (des.) David Sittler Universität Köln

Dienstag, 24.01.2017
David Sittler
Reenactment als Perspektive auf die Medienpraktik gewaltsamen Reenactings im Rahmen der L.A. Riots von 1992.

Der Vortrag befasst sich mit einer in medialen Überresten u.a. auf youtube konservierten (zeit)historischen Situation während der L.A. Riots von Ende April 1992. Es handelt sich um eine Gewalteskalation an einer zentralen Kreuzung der Stadt, wo ein „weißer“ LKW-Fahrer, Reginald Denny, von einer Gruppe „schwarzer“ Rioter gewaltsam aus seinem Fahrzeug gezerrt und fast totgeschlagen wurde und dies vor Zeugen vor Ort sowie vor laufender live-TV-Kamera vom Hubschrauber aus. Bei der Szenographie, die sich in dieser Situation entfaltete, handelt es sich um eine grobe Form des Reenactments der Situation und Szenographie der brutalen Misshandlung von Rodney King, einem „schwarzen“ Autofahrer, im Jahr zuvor im März 1991 durch eine Gruppe „weißer“ Polizisten, nur unter invertierter Hautfarbenbesetzung. Auf die Szene mit Rodney King, bezog sich der Prozess gegen die beteiligten Polizisten, der mit einem Freispruch aller Misshandler Ende April 1992 endete und als Anlass für das Ausbrechen der Riots, etwa eine Stunde nach Urteilsverkündung gesehen wurde und wird.

Der Vortrag führt dieses Beispiel einer impliziten Performance oder einer nicht künstlerisch oder bewusst als Reenactment durchgeführten gewaltsamen Artikulation kurz ein, um anschließend schlaglichtartig auf die Rolle des Reenactment in Aufständen und Revolutionen seit 1789 und im aktuellen Kontext einzugehen. Die Aspekte der Bildhaftigkeit und der Performance werden dabei unter einer Reenactment-Perspektive fokussiert und analysiert, wie sie in der u.a. von David Sittler herausgegebenen Publikation zu Medienpraktiken des Reenactment erläutert worden ist. Das heißt: einerseits wird Reenactment als wissenschaftliche/forscherische Perspektive und Verfahren gezeigt, andererseits als Medienpraxis von Nichtakademikern im öffentlichen Raum, die vor allem nonverbale körperlich-bildhafte Wissensbestände benutzt, um politische Aufmerksamkeit zu erregen.

Dr. (des.) David Sittler (Medien und Urbanhistoriker) ist seit Januar 2017 Postdoktorand und wissenschaftlicher Koordinator der zwei Research Labs „Transformations of Life" and „Transformations of Knowledge“ an der a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne der Universität zu Köln. Von Januar bis Dezember 2016 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Teilprojekt A01 - Geschichte digital-vernetzter Medien zwischen Spezialisierung und Universalisierung im Sonderforschungsbereich 1187 „Medien der Kooperation“ an der Universität Siegen und begann sein Post-Doc-Projekt zur „Geschichte der Musikproduktionsöffentlichkeiten und Infrastrukturen in den Städten Chicago, New York und Hamburg zwischen 1920- und 1960“. Zuvor war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Research Lab  der a.r.t.e.s. graduate School for the Humanities Cologne von April 2015 bis April 2016. Von November 2013-Dezember 2015 war er zudem als Wissenschaftliche Hilfskraft bei Prof. Dr. Erhard Schüttpelz (Medientheorie) maßgeblich an der Antragstellung für den SFB „Medien der Kooperation“ an der Universität Siegen beteiligt. Als Post-Doc-Vertreter am Graduiertenkolleg „Locating Media“ ebenfalls an der Universität Siegen von April bis August 2013 entstand die Kooperation mit Anja Dreschke und zwei weiteren PromotionsstipendiatInnen, mit denen die Veranstaltung „Vororten, Verkörpern, Vergegenwärtigen. Medienpraktiken des Reenactment im April 2014 durchgeführt und anschließend 2016 die Publikation: "Reenactments. Medienpraktiken zwischen Wiederholung und kreativer Aneignung“ herausgegeben wurde, die im September 2016 erschienen ist. Zum Thema Reenactment hat er außerdem gemeinsam mit Dr. Jan Henschen (Erfurt) den im Rahmen der gemeinsam mit ihm und anderen DoktorandInnen veranstalteten Tagung „Reanimationen“ entstandenen Aufsatz veröffentlicht: "We shall never know how Nietzsche felt the wind in his hair as he walked on the mountains...", Re-enactment, Re-Animation und Historiographie nach R.G. Collingwood, in: Re-Animationen, hrsg. v. Hanstein, Ulrike/Höppner, Annika/Mangold, Jana, Köln : Böhlau 2012, S.157-174.)

Seine Promotion zum Thema: "Die Geschichte der metropolitanen Straße als Massenmedium. Chicago 1870-1930“, die er als Promotionsstipendiat im DFG-Graduiertenkolleg “Mediale Historiographien – media of history – history of media“ der Universitäten Erfurt/Jena/Weimar bei Prof. Dr. Alf Lüdtke, Historische Anthropologie (Erfurt) und Prof. Dr. Erhard Schüttpelz, Medienwissenschaft (Siegen) begonnen hatte, verteidigte er im Juli 2015 schließlich mit Prof. Dr. Jürgen Martschukat (Nordamerikanische Geschichte) als Erstbetreuer an der Universität Erfurt.

Sein Studium der Mittleren und Neueren Geschichte, Der Kunstgeschichte der Osteuropäischen Geschichte sowie der Amerikanischen Literatur von 1998-2006 an den Universitäten Bonn und Göttingen schloss er 2006 mit dem Magister Artium zum Thema: „Petersburg als Bühne der Russischen Revolution 1917“ bei Prof. Dr. Manfred Hildermeier (Osteuropäische Geschichte) und Prof. Dr. Rebekka Habermas (Neuere und Neueste Geschichte) an der Universität Göttingen ab. Diese erschien als Aufsatzbeitrag "Die Straße als politische Arena und Medium der Masse St. Petersburg 1870-1917" in Sandra Maria Geschke (Hg.): „Die Straße als kultureller Aktionsraum - Interdisziplinäre Betrachtungen des Straßenraumes an der Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis“, S. 111-140 und wurde als Vortrag „Wie ziehen Machtlose das Los der Macht auf der Straße? Ansätze zu einer Theorie der Demonstration und der (Ohn)Macht an Hand von St.  Petersburger Straßenperspektiven 1917“ an der Kunstakademie Düsseldorf im Rahmen des Workshops „Demonstrationen der Macht“ von Prof. Dr. Ludger Schwarte auch mit KünstlerInnen diskutiert.

David Sittler ist schließlich in wechselnder Intensität selbst künstlerisch aktiv und hat nach Ausstellungen eigener Malerei Ende der 1990er Jahre in Bonn zuletzt im Oktober 2014 eine Serie eigener Stadtfotografien im Alten Gaswerk in Köln ausgestellt.

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Veranstaltet von:

Prof. Dr. Inga Lemke
Monique Breuer
Alexander Schröder
Renate Wieser

Kontakt:

Fach Kunst / Medienästhetik
Universität Paderborn
Warburger Str. 100
33098 Paderborn






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