Methoden:
Mössbauerspektroskopie (ME)
Der Mössbauer-Effekt basiert auf der 1957 von R.L.
Mößbauer entdeckten rückstoßfreien Emission und
Absorption von Gamma-Quanten durch Atomkerne, die in Festkörpern
eingebunden sind. Aufgrund der
hohen Energieauflösung und ihres lokalen Charakters ist die
Mössbauer-Spektroskopie besonders gut geeignet, magnetische,
elektrische und auch strukturelle
Festkörpereigenschaften und ihre Änderung durch
äußere
Einflüsse wie z. B. Temperatur und Druck zu studieren.
Der Arbeitsgruppe stehen die Mössbauerresonanzen von 57Fe
(14.4 keV), 151Eu (21.5 keV) und 155Gd(86.5
keV)
zur Verfügung. Zu den aktuell untersuchten Materialien
gehören
magnetische Laves-Phasen vom Typ RFe2 (R = Ti, Sc, Y, Lu,
Gd,
Dy, Ho), Europiummonochalcogenide EuX (X = O, S, Se, Te), und
intermetallische
Systeme wie R2M2X2 und und R2MX3
mit R = Eu, Gd, ..., M = d-Metall, X = Si, Ge. Im Mittelpunkt
dieser
Untersuchungen stehen oft komplexe magnetische Eigenschaften, Valenz-
und
strukturelle Phasenübergänge als Funktion von Druck und
Temperatur.
Kernvorwärtsstreuung (NFS)
Die Kernvorwärtsstreuung (Nuclear Forward Scattering, NFS) ist
eine neue Methode, die sich in den letzten Jahren als
"Mössbauer-Spektroskopie mit Synchrotronstrahlung" etabliert hat.
Die Nutzung von Synchrotronstrahlung zur Anregung von
Mössbauerniveaus der Kerne führt dabei zu erweiterten
Anwendungsmöglichkeiten in der Hochdruckphysik mit Diamantstempelzellen
für Drücke jenseits von 1 Mbar. Aktuelle
Forschungsgebiete sind magnetische Lavesphasen RFe2 sowie
Europiumchalcogenide EuX
(X = O, S, Se, Te). Diese Untersuchungen werden, wie auch die im
nächsten Abschnitt aufgeführten inelastischen
Kernstreuexperimente, an der Europäischen
Synchrotronstrahlungsquelle (ESRF) in Grenoble durchgeführt.
Inelastische Kernstreuung (NIS)
Unter Ausnutzung der charakteristischen Eigenschaften der
Synchrotronstrahlung hat sich mit der inelastischen Kernstreuung
(Nuclear Inelastic Scattering, NIS) seit 1995 ein neuer Zweig der
Festkörperspektroskopie entwickelt, der eine umfassende
Untersuchung der Gitterdynamik verschiedenster Proben ermöglicht.
Dabei wird direkt die lokale Phononenzustandsdichte des benutzten
Mössbauerisotops in einem polykristallinen Festkörper
gemessen. Für monoatomare Festkörper wie Eisen ist damit eine
komplette thermodynamische Charakterisierung des Festkörpers
möglich.
Die Arbeitsgruppe hat diese neue Methode erstmals für
Hochdruckuntersuchungen bis in den Megabar-Bereich angewandt. Dabei
wurden die Phononenzustandsdichten von Eisen in der kubischen und in
der hexagonalen Hochdruckphase bis 1.5
Mbar untersucht. Da hexagonales Eisen auch im Inneren der Erde
vorliegt,
haben diese Untersuchungen, aus denen u. a. auch die
Schallgeschwindigkeiten
bestimmt werden können, wichtige Bezüge zur Geophysik. Diese
Untersuchungen werden gegenwärtig an texturierten Proben
fortgesetzt. Dadurch ist
es möglich, richtungsabhängige Phononenspektren (parallel
oder
senkrecht zur c-Achse) wie sie sonst nur mit einkristallinen Proben zu
beobachten
sind, zu erzeugen. Damit lassen sich z. B. die optischen Moden im
Phononenspektrum eindeutig zuordnen und auch die Schallgeschwindigkeiten
richtungsabhängig untersuchen. Aktuell auch unsere Untersuchungen
an Invarsystemen, so die
lokale Zustandsdichte in Fe65Ni35 als
Funktion
von Druck und Temperatur.
Röntgenabsorption (XAS)
Mit Hilfe der Röntgenabsorptionsspektroskopie (X-ray Absorption
Spectroscopy, XAS) werden in der Arbeitsgruppe unterschiedlichste
Materialien elementspezifisch auf ihre strukturellen, gitterdynamischen
und elektronischen Eigenschaften im Temperaturbereich von 10 K bis 300
K untersucht. Hochdruckuntersuchungen bis 15 GPa können mit neu
entwickelten Hochdruckzangen mit besonderen Stempelmaterialien im
Energiebereich von 6 keV bis 35 keV am HASYLAB in
Hamburg und an der ESRF in Grenoble durchgeführt werden.
Aktuelle untersuchte Systeme sind: Gd@C82, Dy@C82;
A2BC60 (A, B = K, Rb, Cs), RbC60;
SnO, SnO2; Er:LiNbO3, (Ti,Er):LiNbO3;
Gd2/3M1/3MnO3 (M = Ca, Sr, Ba); ROCl
(R
= La, Pr, Gd); a-Al32Ge68; Cs2PdI4·I2,
Cs2PdBr4·I2.
Röntgendichroismus (XMCD)
Röntgenabsorptionsuntersuchungen, die den zirkularen magnetischen
Dichroismus nutzen (X-ray Magnetic Circular Dichroism), liefern
element-
und schalenspezifische Informationen über Verteilung von Spin- und
Orbitaldichten im Festkörper. XMCD-Experimente wurden an den
Meßplätzen
ID24 an der ESRF bzw. am A1 am HASYLAB unter hohen Drücken und
tiefen
Temperaturen durchgeführt. Die Hochdruckuntersuchungen wurden erst
durch die oben vorgestellte Hochdruckzange ermöglicht.
Aktuelle Materialien sind: GdFe2, LuFe2, Gd3Fe5O12,
GdMnO3.
Röntgenbeugung (XRD)
Die seit langem etablierte Methode der Röntgenbeugung (X-Ray
Diffraction, XRD) beruht auf der Streuung von Röntgenstrahlen an
den Elektronen
der Kristallatome. Durch Überlagerung (Interferenz) der gestreuten
Strahlen ergeben sich Beugungsmaxima, aus dessen Lage die
Gitterparameter und der Gittertyp der Einheitszelle des untersuchten
Kristalls bestimmt werden können. Anstelle der klassischen
Röntgenapparaturen im Labor wird für
Hochdruckuntersuchungen zunehmend Synchrotronstrahlung verwendet,
so mit der energiedispersiven
Methode am Meßplatz F3 im HASYLAB (gemeinsam mit der
Arbeitsgruppe
von Prof. W.B. Holzapfel) oder mit der winkeldispersiven Methode an der
ESRF. Mit Kenntnis der druckabhängigen Änderungen
der
Gitterparameter bzw. der Kristallstruktur können die
Zustandsgleichungen für diese Materialien bestimmt werden.
Zudem kann mit Hilfe der Röntgenbeugung Reaktionskinetik in sito
unter hohem Druck und hoher Temperatur untersucht werde, um
Zwischenprodukte, Übergangstemperaturen und
Übergangsdrücke zu bestimmen.
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