Tuesday’s Debate vom 17.01.2017

Eine Debatte auf unbekanntem Terrain - spannend!

Eine Debatte auf unbekanntem Terrain – spannend!

Ein toter Soldat ist besser als ein gefangener Soldat – das scheint die Kernaussage einer israelischen Direktive zu sein, die ihren Soldaten mit auf den Weg gegeben wird. Das zumindest lässt sich einer israelischen Tageszeitung aus dem Jahre 2003 entnehmen, die eine für mindestens fast zwei Jahrzehnte geheim gehaltene Weisung an die Öffentlichkeit brachte: die sogenannte Hannibal-Direktive. Die vermutete Intention dahinter: israelische Gefangene sollen den Freitod beispielsweise durch die Granate vorziehen, statt sich in eine Gefangenschaft zu begeben, dort vermutlich zu leiden oder gar den Staat zu gefährden. Auch das Militär sei angewiesen, eine Gefangennahme ihrer eigenen Soldaten um jeden Preis zu verhindern.[1] Eine sehr brisante Anweisung, die die heutige Debatte prägte; denn die Regierung stand dafür ein, an der Direktive festzuhalten.

Julius aus der Regierung stellt sich auch kritischen Nachfragen.

Julius aus der Regierung stellt sich auch kritischen Nachfragen.

Die Hannibal-Direktive bilde einen Grund­pfei­ler der isra­e­li­schen Staats­sicher­heit. Bereits seit der Un­ab­hän­gig­keit des is­ra­e­li­schen Staa­tes stehe dieser im mili­tär­ischen Kon­flikt mit den um­lie­gen­den Staa­ten und zahl­rei­chen Grup­pie­run­gen. Gerade heute, in Zei­ten der Über­grif­fe durch den so­ge­nann­ten Isla­mischen Staat und die Al-Nusra Front, müsse sich der Staat beson­ders um seine Sicher­heit sorgen. Demnach sei es zwin­gend notwen­dig, gerade un­gleiche Geisel-Austausche mit terror­is­tisch­en Grup­pie­rungen zu verhin­dern, die nicht selten hun­derte Gei­seln gegen eine ein­zel­ne isra­e­li­sche Gei­sel fordern würden. Ein Tausch, der dem isra­e­li­schen Staat letzt­lich schaden würde. Durch die klare Direk­tive werde dem Staat eine schwie­ri­ge Ent­schei­dung ab­ge­nom­men, die bei falscher Einschätzung dem ganzen is­ra­e­lisch­en Volk scha­den könne. Nach dem Prinzip des Uti­li­ta­ris­mus müsse sich der gefangen­ge­nom­mene is­ra­e­lische Sol­dat für das größere Wohl des Volkes opfern. Israel habe eine enorm fort­schritt­liche Waffen­aus­stat­tung, die weder in Theo­rie noch in Praxis in die Hände des Fein­des fallen dürf­ten – was nicht aus­zu­schlie­ßen sei, könnten doch auch Wissen­schaftler unter den Offi­zie­ren sein.

Der Freie Redner Niclas kritisiert die Regierung in ihrem Vorhaben.

Der Freie Redner Niclas kritisiert die Regierung in ihrem Vorhaben.

Die Opposition sah hingegen eine Verletzung der Mensch­lich­keit in der Direk­ti­ve. Durch die klare Weisung des Mili­tärs sei den Sol­daten kein anderer Aus­weg mehr als der Frei­tod geboten – würden sie diesen nicht voll­zie­hen und sich durch einen Geisel­aus­tausch retten lassen, so stünden sie im isra­e­lisch­en Volk als Ver­rä­ter da. Somit müsse man davon ausgehen, dass auf den Sol­daten ein enor­mer psy­chisch­er Druck laste. Auch sei es in­human, mensch­liches Leben mit dem Uti­li­ta­ris­mus zu kalku­lieren – schließ­lich hätten die Sol­daten auch Eltern, Frauen und Kinder zuhause auf sich warten, was man nicht aus den Augen verlie­ren dürfe. Immer gebe es auch die Chance, dass ein Soldat sich auch eigen­stän­dig aus der Gefangen­schaft befreien und zu seiner Familie zurück­kehren könne – ein Tod sei nicht un­um­gäng­lich. Die tech­nische Fort­schritt­lich­keit des Staates sollte nicht im Kontext des Geheimnis­verrats angeführt werden, sondern viel­mehr als Grund gesehen werden, dass der Staat es nicht nötig habe, seine Sol­daten auf eine solche Weise zum Selbst­opfer zu zwingen. Die tiefe Loyal­ität der Sol­daten zu ihrem Staat verhin­dere, dass staats­tra­gen­de Geheim­nisse ver­ra­ten würden – sofern sie überhaupt über derart bri­san­te Infor­mat­ionen in sich trügen.

Die Juroren Dirk und Benedict haben es nicht einfach bei der Bewertung.

Die Juroren Dirk und Benedikt haben es nicht einfach bei der Bewertung.

Zwar bewegen wir uns langsam auf das Ende der Vor­lesungs­zeit zu, doch eine Er­mü­dung merkte man unseren Debat­tan­ten noch lange nicht an. Mit zahl­reichen Zwischen­rufen und Zwischen­fragen wurde die Stimmung zwischen­zeitlich sehr hitzig – hier trafen offen­sicht­lich Militär­ethik und Sicher­heit des Staates hart auf­ei­nan­der. Auch die Jury hatte es bei ihrer Bewer­tung heute nicht einfach. Im End­effekt gewann die Regie­rung und konnte damit nun durch­setzen, dass die Hannibal-Direktive weiter Anwen­dung finden wird – zum Wohle und Schaden Israels uns sei­ner Sol­daten.

Und alle bitte... cheeeeeese!

Und alle bitte… cheeeeeese!



[1] Die Informationen entstammen dem zur Debatte gereichten Fact-Sheet und dem entsprechenden Wikipedia-Artikel.

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