Aufs Rad der Nacht geflochten
schlafen die Verlorenen
in den donnernden Gängen unten,
doch wo wir sind, ist Licht.

Ingeborg Bachmann

 

Ein unauffälliger Mann, im trüben Novemberlicht alleine auf einer Parkbank sitzend; eine ältere Frau, mit Plastiktüten bepackt, verloren durch die Straßen einer Großstadt irrend; ein kleines Mädchen, isoliert in einer Gruppe lärmender Kinder; ein vom Leben gezeichneter Mann, vor einem halb geleerten Glas Rotwein in einer Kneipe über den Tresen gebeugt; eine Obdachlose mit Hund, in einer belebten Einkaufsstraße auf dem Boden hockend...
Bilder, die sich bei den meisten ad hoc einstellen, wenn sie mit dem Thema „Einsamkeit in der Großstadt“ konfrontiert werden. Sie entsprechen einem Klischee und sind dennoch „wahr“.

Zutreffend auch und gerade für Paris, obwohl diese Stadt aus der touristischen Perspektive zumeist gegenteilige Assoziationen hervorruft, eine Stadt, die seit langem unzählige Menschen betört: Vielfach beschrieben, fotografiert, besungen, gemalt. Sie zieht Touristenmassen an, bietet dem Klischee der „Stadt der Liebe“ eine perfekte Kulisse, ist dabei jedoch gleichzeitig durchdrungen von sozialen Pro-blemen, von denen Obdachlosigkeit und Gewalt nur Beispiele sind. Glamour, Luxus, Eleganz in den Quartiers im Südwesten der Stadt; Armut, Ausgrenzung, Einsamkeit im Nordosten.       

Paris war Ziel einer Exkursion, die unter Leitung von Frau Prof. Dr. Barbara Becker mit Studierenden des Instituts für Medienwissenschaften der Universität Paderborn im Sommersemester 2007 durchgeführt wurde.
Mit Fotoapparaten, akustischen Aufnahmegeräten und Videokameras ausgestattet, versuchten die Stu-dierenden, die Vielschichtigkeit des Themas sinnlich und medial zu erfassen. Einsamkeit ist hinter wun-derschönen Kulissen in ihren problematischen Formen immer wieder zu beobachten: Beklemmend, ver-störend und beängstigend. Einsamkeit wird jedoch durchaus auch lustvoll erlebt: Allein im Café, beim genussvollen Flanieren durch die Stadt, am Flussufer ein Buch lesend.

Angeregt von literarischen Texten zeitgenössischer Autoren, die sowohl die glückvolle als auch schattige Seite der Einsamkeit in fragmentarischen Texten und Gedichten beschrieben haben, entstand so eine Fülle an Fotografien, Klangaufnahmen und Filmen, von denen die virtuelle Ausstellung nur Teile zeigt. Dabei wurde die Selektion von den einzelnen Arbeitsgruppen eigenständig vorgenommen und verdeu-tlicht die Differenz zwischen den jeweils eingenommenen Perspektiven. Dem Besucher dieser Aus-stellung bietet sich so ein Spektrum an unterschiedlichen Eindrücken, das der Uneindeutigkeit des Phänomens „Einsamkeit“ entspricht.

Entdecken Sie nun die präsentierten Ergebnisse, wobei Ihnen auf Wunsch zusätzlich eine begleitende Klangcollage zur Verfügung steht...